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das wirdDer Orient klingt nach Westcoast

Σtella aus Athen eröffnet die Konzertreihe „Acid Anatolia“ im Knust

Drei KünstlerInnen, drei Metro­polen, drei unterschiedliche Musikwelten: Die Popsängerin Σtella aus Athen, die Istanbuler Rockband BaBa ZuLa und das Pariser Electronic-Music-Kollektiv Acid Arab verbindet auf den ersten Blick nicht viel. Auch bei genauerem Hinhören gibt es nur eine kleine Schnittmenge. Immerhin: Sie alle spielen in den kommenden Monaten im Hamburger Club Knust, unter dem Dach einer losen Reihe namens „Acid Anatolia“.

Er sei kein Freund von Schubladen, betont Tim Peterding, Booker im Knust. „Aber ich wollte elektronische und psychedelische Musik mit anatolischen Strukturen unter einen Hut bekommen – und es sollte klar sein, dass es tanzbar ist.“ Wer bei „Acid“ an den drogenumnebelten San Franciscoer Hippie-Folk von The Grateful Dead denkt, liegt ziemlich falsch. Immerhin: Kalifornien ist kein schlechter Anhaltspunkt – zumindest im Falle der griechischen Künstlerin Stella Chronopoulou alias Σtella – nur echt mit dem Sigma-Initial. Sie tritt am kommenden Sonntag im ehemaligen Schlachthof-Gebäude an der Feldstraße auf. Eine Musik, die nach dem gelassenem Westcoast-Pop der 1970er klingt und laut Bayrischem Rundfunk nach ­Pola­roids aus dem Griechenland-Urlaub. Nicht nur die Presse feierte 2022 ihr Album „Up And Away“, auch die zehn Millionen Clicks beim Streaming-Anbieter Spotify sind ein Erfolg.

Tim Peterding hat als Jazz- und Hip-Hop-Experte wenig Berührungspunkte mit Pop, zeigt sich aber begeistert von Σtella: „Das ist ein Album wie aus einem Guss. Die Grooves funktionieren perfekt, auch im Kontrast zu den ernsten Texten. Die Melodien sind catchy und vertraut, als hätte man sie schon einmal gehört. „Ein diffuses Nostalgie-Gefühl muss auch Stella Chronopoulou selbst gepackt haben, als sie an den Songs ihres dritten Albums arbeitete. Erstmals verwendet sie traditionelle Instrumente wie Zither oder die Laute Bouzouki. Das Resultat: ein zu sachtem Kopfnicken einladendes Album zwischen Rembetiko und Psychedelic Folk. Doch allzu viel Nostalgie möchte Σtella nicht erzeugen. Sie fordert von ihrer Regierung mehr Hilfen; Griechenland sei vor allem ein Urlaubsland, staatliche Unterstützung für die Musikszene nicht existent. Solche Gelder hat sie selbst schon nicht mehr nötig: Das Knust erwartet für das Konzert am Sonntag mehr als 200 Gäste.

Weitere „Acid Anatolia“ Termine: Acid Arab aus Paris führen ihre Melange aus westlichem Techno und arabischer Musik am 4. Februar auf. Das Quartett BaBa ZuLa, bekannt aus Fatih Akins Doku „Crossing The Bridge“, fusioniert am 4. Mai Rock, Dub und Electronica.

Konzert: Σtella, Knust, Hamburg, 15. 1., 21 Uhr

„Bei uns kommen ganz verschiedene Communitys zusammen, die einiges voneinander lernen können“, so Tim Peterding. „Dafür ist ein Konzert das nachhaltigste Erlebnis. Was ist besser, als wenn arabische, türkische und deutsche Communitys zusammen Party machen?“ Jan Paersch

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