das wetter: Die Autohausbesitzerin
Sie blühte auf. Sie ließ einen Satz los und suchte zwanzig Sekunden lang nach Bildern in ihrem Telefon, um ihre Geschichte zu belegen. Sie hatte Herpes. Sie stand mit einem Bein im Autohaus, einem Geschäft, von dem sie sich überfahren fühlte. Sie bildete Bläschen aus. Sie hatte geerbt. Sie fragte sich, was der aufgeplatzte Mund ihr sagen wollte. Sie stand vor der Frage, Gurt oder Geste, Creme oder Crémant. Sie hatte versucht, sich von der Familie zu lösen, aber die Zugkraft des geerbten Autohauses war einfach zu stark. Sie trug etwas dick auf. Sie war ihr eigener Chef mit devoten Untergebenen, die alle versuchten, ihr nicht auf den Mund zu gucken. Sie hatte einen schönen Mund, jedenfalls wenn er beschwerdefrei war. Sie fühlte sich schief angesehen, von der Familie und den Subalternen, und das nicht erst seit gestern. Vielleicht dachte sich das der Herpes auch, ein schöner Mund, hier fühle ich mich wohl. Sie küsste sehr gut.
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