das portrait: Der designierte Bahnvorstand Dirk Rompf macht einen Rückzieher
Er sollte die große Wende bei der Deutschen Bahn einleiten: Dirk Rompf, Jahrgang 1969, Physiker mit Doktor- und Honorarprofessorentitel, war für den Chefposten bei der DB Infrago, der Infrastrukturtochter der DB, bestimmt. Eigentlich.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) hatte den bisherigen Infrago-Vorstand Philipp Nagl kurzerhand entlassen und Rompf am Montag als dessen Nachfolger präsentiert. Doch das sorgte für jede Menge Protest – so viel, dass Rompf seine Kandidatur für das wichtige Amt nun selbst zurückgezogen hat.
Es wäre nicht sein erstes Mal bei der DB gewesen. Schon 2001 kam er von der Unternehmensberatung McKinsey zur DB Fernverkehr und blieb zunächst bis 2006. Als er nach einer Beratertätigkeit 2011 zur Deutschen Bahn zurückkehrte, wurde 2013 in den Vorstand der DB Netz berufen, einer der Vorgängergesellschaften der Infrago. Da leitete er zwischen 2014 und 2019 das Ressort „Netzplanung und Großprojekte“. Jetzt arbeitet Rompf als Geschäftsführer der Ifok GmbH, einer Strategie- und Transformationsberatung.
Vor allem sein Ruf als Vorstand der DB Netz eilte ihm voraus. Das deutsche Schienennetz ist nach jahrzehntelanger Misswirtschaft marode. Daran sei Rompfs „Sparwahn“ von damals mit schuld, kritisierte Martin Burkert, Chef der Bahngewerkschaft EVG, am Montag. Zu den „Großprojekten“, für die Rompf zuständig war, zählen Stuttgart 21 oder die zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn – Milliardengräber, die Fahrgästen noch heute viel Geduld abverlangen. In einem Untersuchungsbericht zum Münchner Stammstreckendesaster heißt es, die Bahnführung habe damals intransparent und chaotisch gehandelt.
Verkehrsminister Schnieder wollte einen Neustart für die Bahn. Doch „der Weg in die Zukunft kann niemals durch die Vergangenheit führen“, sagte Martin Burkert bedeutungsschwer. Die EVG im Bahnaufsichtsrat stimmte am Dienstag dann auch gegen die designierte Chefin der DB AG, Evelyn Palla – einzig und allein, um ihren Unmut über die andere vorgeschlagene Personalie, Dirk Rompf, kundzutun. Palla kam trotzdem durch. Aber der Betriebsrat der DB Infrago wunderte sich ebenfalls gehörig über Rompfs Kandidatur und machte in einem Schreiben an die Belegschaft deutlich, dass er mit Philipp Nagl als Vorstandsvorsitzendem eigentlich ganz glücklich war.
Doch nicht nur Rompfs Vergangenheit fiel ihm auf die Füße. Es wurde für ihn auch wegen seiner aktuellen Tätigkeit bei der Ifok heikel. Die Beratung hat Mandate für die Bahnabteilung des Bundesverkehrsministeriums, sogar für die DB Infrago. Als Verkehrsminister Schnieder am Montag darauf angesprochen wurde, lavierte er herum. Rompf selbst war mutiger und klärte über die Mandatierung auf. Dennoch: Er habe Interessenskonflikte, sagte die EVG. Innerhalb der Deutschen Bahn soll es offizielle Beschwerden darüber gegeben haben, dass er als ehemaliger Bahnvorstand Beraterverträge zwischen der Ifok und der DB schließen konnte. Eine Bahnrichtlinie verbietet den Abschluss solcher Verträge mit Ex-Führungskräften.
Rompf erklärte seinen Rücktritt in einem persönlichen Schreiben an Patrick Schnieder. Darin versichert er, dass er sich nichts vorzuwerfen habe. Nicht aus seiner Zeit bei der DB Netz, nicht in seiner Rolle bei der Ifok. Schnieder sagte, er bedauere Rompfs Entscheidung – und gab wenig später bekannt, dass der bisherige Infrago-Chef Philipp Nagl nun weitermachen darf. Viel Aufregung, wenig Veränderung. Nanja Boenisch
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