das portrait: Heiner Garggibt vorzeitig den Vorsitz der FDP Schleswig-Holstein ab
Auf die Frage: „Wer ist Chef der FPD in Schleswig-Holstein?“ würden vermutlich viele Menschen spontan „Wolfgang Kubicki“ antworten. Immerhin war der Schnellsprecher mit dem großen Ego jahrelang das Gesicht der Liberalen im Norden. Doch in Wahrheit lenkt seit 2011 Heiner Garg die Geschicke der Landespartei, hat dabei „bleibende Akzente gesetzt und das soziale Profil seiner Partei geschärft“, wie die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli lobte.
Nun gibt Garg das Amt vorzeitig ab. „Es braucht einen Erneuerungsprozess“, erklärte er. Bereits im Herbst, ein Jahr früher als vorgesehen, soll ein neuer Vorsitzender gewählt werden. Garg schlug den Landtagsabgeordneten Oliver Kumbartzky vor. Er sei aufgrund seiner kommunalpolitischen Erfahrungen geeignet, die Partei für die anstehenden Kommunalwahlen gut aufzustellen.
Noch bestimmt der 56-Jährige als Sozial- und Gesundheitsminister über eine große Verwaltung und einen Riesen-Etat. Aber er sitzt auf Abruf in seinem Kieler Büro: Anders als CDU und Grüne, mit denen die Liberalen bisher regierten, hat die FPD bei der Landtagswahl im Mai verloren. Aktuell verhandeln Schwarz und Grün über ein Bündnis. Garg und der zweite bisherige FDP-Minister Bernd Buchholz sind wieder normale Abgeordnete des Landtags. Diesen Wechsel hat Garg bereits 2014 mitgemacht, nachdem er von 2009 bis 2014 in einer schwarz-gelben Regierung das Gesundheitsressort leitete.
Gesundheit und Pflege waren von Anfang an seine Themen, auch geprägt durch seine Mutter, die als Pflegerin arbeitete, und eine Großmutter, die an Demenz erkrankte. Der gebürtige Freiburger hat Wirtschaftswissenschaften studiert und seine Doktorarbeit über die „gesetzliche Absicherung des Pflegerisikos“ geschrieben. Im Kieler Landtag fing er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an, seit 2000 ist er Abgeordneter. Nach seiner Zeit als Minister übernahm er das Thema Gesundheit wieder im Landtag. „Damit kann man keinen Blumentopf gewinnen, es hilft aber, sich mit den Details auszukennen“, sagte er damals. Diese Kenntnisse brauchte er in den Coronajahren, die Schleswig-Holstein vergleichsweise gut bewältigte.
2020 heiratete Garg seinen langjährigen Partner, einen US-Amerikaner mit südamerikanischen Wurzeln. Beide hatten sich zuvor aufgrund der Coronaregeln, die Unverheiratete schlechter stellte als Paare mit Trauschein, einige Monate lang nicht treffen dürfen.
Die FDP Schleswig-Holstein gewann unter Gargs Führung an Mitgliedern, und sie lag bei Wahlen in den vergangenen Jahren meist über dem Bundesschnitt. Daher schmerzt die aktuelle Niederlage, bei der die Partei fünf Prozentpunkte verlor. Esther Geißlinger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen