das portrait: Atze Schröderist mehr als Pimmelwitze
Ob er an Karma glaubt? Lange ist Atze Schröder ja eher durch Zweifelhaftes aufgefallen. Da war etwa dieser „Wiesenhof“-Werbespot: 2016 hatte der Hühnerschinderkonzern den Comedian gebucht. Und der geliefert: Sprüche über ein Gemächt, derart mächtig, dass ein damals, sagen wir, C-prominentes Vergewaltigungsopfer „erst mal in die Traumatherapie“ müsste nach einem – selbstredend rein fiktiven – Koitus.
Weil ein Shitstorm folgte, entschuldigten sich Konzern und Komiker. Der ein Jahr zuvor schon produzierte Spot hätte nicht mehr benutzt werden dürfen, sagte Schröder damals. Dass andere Filmchen aus derselben Kampagne auch kein viel besseres Frauen-, wie Männerbild transportierten, stellte kein Problem dar – auch Fußballbundesligist Werder Bremen hielt an Sponsor Wiesenhof fest.
Gleichwohl: Für einen Komiker mit einer solchen Bühnenpersona war so eine relative Einsicht nicht selbstverständlich. Dazu passt, was schon Ende 2015 in der Weltzu lesen gewesen war: Der gerade 50 gewordene Gesprächspartner hatte sich nicht als der präsentiert, den er da seit 20 Jahren enorm erfolgreich verkörperte – 1995 war es losgegangen mit dem dauererigierten Ruhrpottproll, unter anderem in Corny Littmanns Hamburger „Schmidt-Theater“.
Nein, der Mann, dessen wahre Identität wir hier nicht nennen werden – was dann passiert, hat der Bremer Weser-Kurier schon auf die harte juristische Tour erfahren –, zeigte sich nachdenklich auch zu Themen wie der damals ganz frischen „Flüchtlingskrise“. Überhaupt: Immer wieder hat „Der Mann, der nicht Atze Schröder heißt“ sein Geld guten Zwecken zugeführt, durchaus zum Missfallen mancher Fans: Als „Weltverbesserer“, den man nicht mehr sehen wolle, bezeichnete ihn im April ein Leser der Hamburger Morgenpost. In Hamburg, wo er inzwischen wohnt, hatte „Atze Schröder“ im Februar den 10.000 Besucher*innen eines Arena-Konzerts versprochen: Für jede*n spendiere ich einen Baum. In einer Woche will „Atze Schröder“ nun die ersten pflanzen, in einem Waldgebiet im Kreis Segeberg. Dort entwickelt die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein den „Neuen Urwald Neversdorf“, ausschließlich dem Biotop-, Arten- und Klimaschutz gewidmet.
Wer hätte gedacht, dass der Mann mit Perücke und Pimmelwitzen (aber auch einem Podcast über Depression und Ängste) ein Herz hat – für die bedrohte Haselmaus? Alexander Diehl
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