piwik no script img

das portraitLuis Alberto Arce Catacora will für Morales’ Partei Bolivien regieren

Politik aus dem Exil: Als letzte der wesentlichen politischen Gruppierungen, die an den für den 3. Mai angekündigten Präsidentschaftswahlen in Bolivien teilnehmen, hat am Wochenende die Bewegung zum Sozialismus (MAS) ihre Spitzenkandidaten bekannt gegeben. Ex-Präsident Evo Morales verkündete in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires, die MAS nominiere den früheren Wirtschafts- und Finanzminister Luis Alberto Arce Catacora zum Kandidaten. Sein Vize soll David Choquehuanca werden, ebenfalls Ex-Minister (unter Morales) und im Unterschied zu Arce auch indigener Führer.

Arce war seit Wochen als aussichtsreicher Kandidat gehandelt worden. Der 56-jährige Ökonom mit Abschlüssen unter anderem von der britischen Warwick University hatte beim Amtsantritt von Evo Morales 2006 das Ministeramt übernommen.

Er galt als Mastermind der bolivianischen Wirtschaftspolitik, die es vermochte, die Natio­nalisierung der Rohstoffe zu managen, ohne internationale Investoren zu verschrecken, und der Wirtschaft Boliviens eine der längsten Wachstumsphasen in Lateinamerika bescherte. Die konservative Opposition sieht das freilich nicht als sein Verdienst an: Er habe lediglich das Glück gehabt, in der Phase steigender Rohstoffpreise regieren zu können. Von links kommt die Kritik, dass Arce nicht einmal versucht habe, die Wirtschaft Boliviens zu diversifizieren – sie sei heute genauso abhängig vom Extraktivismus, also der Ausbeutung von Rohstoffen, wie seit eh und je.

Arces Kandidatur wurde umgehend von indigenen Basisorganisationen scharf kritisiert, weil er im Unterschied zu Morales eben nicht aus der indigenen Mehrheit stamme, sondern aus der urbanen mestizischen Mittelschicht kommt. Indigene Organisationen aus La Paz und der höher gelegenen Morales-Hochburg El Alto forderten, David Choquehuanca nicht als Vize, sondern als Nummer eins aufzustellen. Das hätte eine Woche vor der in Buenos Aires getroffenen Entscheidung ein nationales Treffen sozialer Organisationen aus sieben Provinzen so gefordert – sie empfänden Arces Nominierung als Verrat, sagte Bauernführer Álvaro Mollinedo bei einer Pressekonferenz in La Paz am Montag.

Arce verfügt nicht über das Charisma eines Evo Morales. Er verteidigt zwar unter allen Umständen die Erfolge der Regierung Morales, ist aber kein Volksredner. Er hat einen feinsinnigen Humor, ist ein gern gesehener Interviewgast, spricht eher leise und nachdenklich als laut auf großen Tribünen. Als er unter Vorgängerregierungen Posten bei der Zentralbank innehatte, veröffentlichte er weiter wissenschaftliche Aufsätze in internationalen Fachmedien und erhielt verschiedene Ehrendoktortitel.

In Bolivien selbst allerdings geht der Versuch der Behörden unter Leitung der De-facto-Präsidentin Jeanine Añez weiter, ehemalige Morales-Funktionäre juristisch zu belangen. Auch gegen Luis Alberto Arce wird ermittelt: wegen angeblicher Korruption und des Abzweigens staatlicher Gelder. Beweise dafür werden noch gesucht. Bernd Pickert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen