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das portraitInés Arrimadaswill jetzt die rechts­liberalen Ciudadanos anführen

Foto: Albert Gea/reuters

Wie kaum jemand vor ihr sorgte Inés Arrimadas mit ihren Auftritten im katalanischen Regionalparlament für Aufsehen. Wortgewandt und provokativ bis an die Grenzen parlamentarischer Umgangsformen stellte sich die Chefin der rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) in Katalonien den Befürwortern der Unabhängigkeit entgegen. Dann ging sie nach Madrid, wurde Fraktionssprecherin im spanischen Parlament. Und von Madrid führt der Weg – so ein Sprichwort der Hauptstädter – in den Himmel. Für Arrimadas, die ihren Chef Albert Rivera auf dem Weg an die Macht begleiten wollte, scheint sich das Sprichwort zu bewahrheiten, wenn auch ganz anders als geplant.

Es ist eine politische Katastrophe ohnegleichen, die der 38-jährigen Anwältin die Chance ihres Lebens eröffnet. Cs verlor bei den Wahlen am vergangenen Sonntag 47 der 57 Abgeordneten. Spitzenkandidat und Cs-Gründer Rivera legte alle Ämter nieder und übernahm damit die Verantwortung für eine Strategie, die Cs aus der politischen Mitte nach rechts geführt hatte. Anstatt weiterhin als Zünglein an der Waage nach beiden Seiten zu schauen, gingen Riveras Cs in mehreren Regionen und Städten mit den Konservativen und den Rechtsextremen Bündnisse ein. Die Wähler straften die Partei für diese Strategie ab, die auch Arrimadas mitgetragen hatte. Arrimadas wird jetzt dennoch Riveras Nachfolge antreten. Niemand kann sich ihr auf dem Parteitag mit Aussicht auf Erfolg entgegenstellen. Die werdende Mutter steht vor der Aufgabe, die Rechtsliberalen neu zu positionieren, um sie vor dem völligen Niedergang zu bewahren.

Eigentlich wollte die Tochter einer Familie aus dem westspanischen Salamanca, die in Andalusien und in Barcelona aufwuchs, wo ihr Vater, bevor er Anwalt wurde, in den Jahren der Franco-Diktatur bei der Nationalpolizei war, nie in die Politik. So besagt es zumindest der offizielle Lebenslauf. Eine Freundin soll sie 2010 zu einem Meeting Riveras in Barcelona eingeladen haben, wo sie nach einem Studium der Rechtswissenschaften und der Betriebswirtschaft erneut lebte und arbeitete. Arrimadas war von den Reden für die Einheit Spaniens begeistert, trat kurz darauf der Rechtsliberalen Jugend bei. 2012 kandidierte sie erfolgreich für das katalanische Parlament. 2017 wurde Arrimadas katalanische Cs-Spitzenkandidatin und gewann die Wahlen mit ihrer bedingungslosen Verteidigung der Einheit Spaniens. Die Politikerin, die mittlerweile einen Parlamentskollegen von den katalanischen Nationalisten geheiratet hatte, holte ihre Stimmen bei den Einwanderern aus dem restlichen Spanien und beim pro-spanischen Teil der katalanischen Bourgeoisie. Für den Regierungspalast in Barcelona reichte es dennoch nicht. Dort zogen erneut die Verfechter der Unabhängigkeit ein.

„Die erste Frau an der Spitze einer großen, spanischen Partei“, jubeln die angeschlagenen Cs schon einmal im Voraus. Sicher ein guter Slogan, der allerdings nur dann stimmt, wenn man die Chefin der Kommunistischen Partei während der Franco-Diktatur Dolores Ibárruri – La Pasionaria – ignoriert. Reiner Wandler

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