das portrait: Angeklagte Transfrau Diana O. landete im Münchener Männertrakt, weil sie einen Penis hat
Viel weiß man nicht über sie: Diana O. heißt sie, und 45 Jahre alt ist sie. Es gibt ein Bild im Netz, da trägt sie einen rosafarbenen Rollkragenpullover, darüber ein dunkles Sakko, die dunkelblonden Haare scheinen zum Pferdeschwanz gebunden zu sein. So genau kann man das allerdings nicht erkennen, da das Gesicht verpixelt ist. Denn das Bild zeigt O., wie sie gerade von einer Justizbeamtin an Handschellen in den Gerichtssaal geführt wird.
Eines jedoch weiß man über O.: Sie ist eine Frau. Das ist für Menschen namens Diana zwar nicht weiter ungewöhnlich, in diesem Fall jedoch scheint es eigens betont werden zu müssen. Denn Bayerns Justizbehörden sehen die Sache etwas anders und steckten O. für mehrere Monate ins Männergefängnis, wie die Münchner tz vergangene Woche berichtete.
Diana O. wird von der Staatsanwaltschaft ein Drogendelikt vorgeworfen, im Mai kam sie in Untersuchungshaft in das Münchner Gefängnis Stadelheim. Im Auto der Frau hatte man Medienberichten zufolge fünf Gramm eines weißen Pulvers gefunden, bei ihr zu Hause 31.000 Euro in Bar. Der Verdacht: Rauschgifthandel. Ihr Rechtsanwalt kritisierte allerdings, seine Mandantin sei „rechtswidrig verhaftet“ worden. Auch ihre Wohnung sei ohne richterlichen Beschluss durchsucht worden. Das Geld habe Diana O. für eine Geschlechts-OP gespart, ob es sich bei dem Pulver, wie vermutet, um Kokain gehandelt habe, sei nicht erwiesen. Deshalb müsse die Angeklagte freigesprochen werden.
O. ist eine Transfrau, offiziell ist sie laut tz schon seit Langem anerkannt. Da die letzte Operation allerdings noch aussteht und Diana O. einen Penis hat, hätten die Justizbehörden argumentiert, müsse man die Frau im Männertrakt unterbringen.
Justizverwaltungstechnische Dialektik
Muss man gar nicht, findet dagegen Tessa Ganserer, die queerpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion der Grünen. Das Bundesverfassungsgericht habe 2011 geurteilt, dass eine Operation für eine Personenstandsänderung nicht verpflichtend sei. „Im Umkehrschluss heißt das, dass keine OP nötig ist, um das Geschlecht zu sein, zu dem Mann oder Frau sich zugehörig fühlt.“
Diana O. sei demnach unstrittig eine Frau. „Wieso muss sie dann die U-Haft in der Männerabteilung verbringen?“ Dort saß O. übrigens isoliert in einer Einzelzelle – denn als Frau müsse sie ja vor möglichen Übergriffen der männlichen Häftlinge geschützt werden. Bei der Argumentation scheint es sich um eine spezielle Form der justizverwaltungstechnischen Dialektik zu handeln.
„Diskriminierend und erniedrigend“, findet dagegen Ganserer diese Behandlung. Menschen, die nicht ihrem Geburtsgeschlecht angehörten, müssten dementsprechend behandelt werden. „Und nicht nach dem, was sich zwischen ihren Beinen befindet.“
Bereits im Juli hatte das Innenministerium auf eine Anfrage Ganserers über die Gepflogenheit der Unterbringung transsexueller Häftlinge geantwortet: „Transsexuelle Gefangene wurden bislang regelmäßig ab dem Zeitpunkt, zu dem sie sich einem ihre äußeren Geschlechtsmerkmale verändernden operativen Eingriff unterzogen hatten, durch den eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht worden ist, in einer Abteilung für Gefangene dieses anderen Geschlechts untergebracht.“ In Diana O.s Fall spielte es aber offenbar keine Rolle, dass sie weibliche Brüste hat.
Ganserer forderte letzte Woche eine sofortige Verlegung der Frau in die Frauen-Abteilung eines Gefängnisses. Dem kamen die Behörden erst mal zuvor, indem sie am vergangenen Freitag ankündigten, Diana O. bis zum Urteil auf freien Fuß zu setzen. Dominik Baur
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