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das portraitDer Schweizer Lukas Bärfuss,ein Freund des Pathos, erhält den Büchner-Preis

Foto: dpa

Als der Schriftsteller Lukas Bärfuss, 2015 war das, in die Akademie für Sprache und Dichtung aufgenommen wurde, musste er wie jedes neue Mitglied eine kleine Rede halten. Eine heikle Sache, gilt es dabei doch, den versammelten Granden des Betriebs zu zeigen, was man drauf hat. Viele Neumitglieder flüchten sich in eine selbstironische Miniatur oder ein pointiertes Sprachkunststückchen. Nicht so Lukas Bärfuss, dem, 1971 im Schweizer Thun geboren, das Leichte und Spielerische sowieso eher nicht gegeben ist. Geradezu existenziell bebend trug er ein emphatisches Bekenntnis auf den Ernst des Schreibens vor. Literatur, diesen Eindruck nahm man mit, ist für ihn tatsächlich eine Einspruchsinstanz gegen eine falsche Wirklichkeit und Gegenwart.

Lukas Bärfuss ist ein ungewöhnlicher Büchner-Preisträger. Ihn mit dem wichtigsten deutschsprachigen Literaturpreis auszuzeichnen, hat den Reiz des Überraschenden, die Frage ist allerdings, ob das bisher vorliegende Werk die Last tatsächlich tragen kann, eine politisch wache und sprachlich bedeutende Gegenwartsliteratur zu repräsentieren – und einen geringeren Anspruch sollte man an diesen Preis nicht anlegen.

Bekannt wurde Bärfuss als Dramatiker, bis heute hat er knapp 20 Theaterstücke geschrieben, die an den wichtigsten Bühnen gespielt wurden und werden. Nachwuchsautor des Jahres, Mülheimer Theaterpreis: Er sammelte viele Auszeichnungen ein. Als Prosaautor trat er, nach seinem Debüt mit einer Novelle 2002, 2008 mit seinem beeindruckenden Ruanda-Roman „Hundert Tage“ an die Öffentlichkeit. Darin hat er die „perfekt organisierte Hölle“ des Völkermords beschrieben. Überzeugend, mit einleuchtender Distanz legt Bärfuss die Verstrickungen eines jungen Schweizer Entwicklungshelfers in das Mordgeschehen dar – und schreibt so auch gegen die Schweizer und womöglich allgemein westliche Haltung an, mit alledem nichts zu tun zu haben.

Allerdings sind die Prosabücher, die Bärfuss seitdem veröffentlicht hat, nicht mehr so überzeugend ausgefallen. Der Roman „Koala“ (2014) dreht sich um den Suizid seines Bruders. Tabus, Wut, Trauer: Das Buch lebt von großen, schwierigen Gefühlen. Aber es offenbart auch eine Neigung zu allgemeinen kulturkritischen Betrachtungen, die dann auch Bärfuss’ jüngsten Roman, „Hagard“ (2017) endgültig beschweren. Die „Existenz“ ein „allmähliches Verglühen“ – „Gleichgültigkeit die vorherrschende Haltung“. Auch wenn viele Menschen „insgeheim einen Zusammenbruch“ erwarten. Fast erdrückt von Pathos, will uns der Erzähler eine ziemlich undifferenzierte Gegenwartsanalyse nahebringen. Da trifft das „Begehren auf den Tod“, später verliert sich ein „Paar pflaumenblauer Ballerinas […] im Getrampel, in einer Stampede aus Halbschuhen und schweren Stiefeln“. Vieles ist dick aufgetragen, und wenn man aus dem Roman sprachlich etwas die Luft rauslässt, bleibt wenig mehr als eine Stalkergeschichte.

Am 2. November wird Lukas Bärfuss den Büchner-Preis entgegennehmen.

Dirk Knipphals

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