das portrait: Dirk Tenzer stolpert über Zeugenaussage
Der Noch-Chef des Oldenburger Klinikums, in dem zuvor der verurteilte Mörder Niels Högel gearbeitet hat, ist bald seinen Job los: Dirk Tenzer ist bisher Vorstandschef am Klinikum Oldenburg. Dort hat Ex-Krankenpfleger Högel bis 2005 Dutzende Menschen ermordet. Auch Tenzer stolperte letztlich über Högels Taten. Es handele sich um eine „einvernehmliche Trennung“, äußerten sich Tenzer und das Aufsichtsgremium der Klink in einer Erklärung. Er werde das Klinikum zum 1. Juli verlassen.
Högel wurde in 85 Fällen des Mordes schuldig gesprochen. Er tötete in den Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst. Tenzer sagte als Zeuge im Prozess aus – und Richter Sebastian Bührmann kritisierte den 47-Jährigen für seine Aussagen scharf. In seiner Urteilsbegründung warf Bührmann ihm Vertuschung und Zeugenbeeinflussung vor. Er habe den Ermittlern wichtige Unterlagen vorenthalten und die Anwaltskosten der Mitarbeiter seines Krankenhauses übernommen.
Dabei ging es konkret um eine Strichliste aus dem Jahr 2001, auf der Sterbefälle sowie Pfleger-Dienstzeiten von einem Stationsleiter abgeglichen wurden. Diese lag Tenzer bereits seit 2014 vor. Außerdem führte er im selben Jahr Gespräche mit ehemaligen Kollegen Högels. Die Strichliste rückte er erst 2016, die Gesprächsprotokolle im Jahr 2018 heraus.
Die Vorwürfe gegen ihn wies Tenzer zurück, er verfasste dafür eine vierseitige Mitteilung. In dieser betont der Gesundheitsökonom, der 2013 die Geschäftsführung übernommen hat, dass die Vorwürfe unhaltbar seien. Sie stünden im „Widerspruch zu den von mir veranlassten Unterstützungsmaßnahmen“. Gemeint ist die Einleitung eines internen Ermittlungsverfahrens noch vor dem Einleiten der offiziellen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft. „Mir ein Interesse an einer Vertuschung zu unterstellen, ist abwegig und absurd.“
Über die Anschuldigen im Fall Högel hinaus gab es bereits zuvor öffentliche Kritik an Tenzer: Unter seiner Leitung machte das Klinikum in den letzten beiden Jahren ein Minus im Millionenbereich. Deshalb und weil er öffentlich mit der Kritik des Richters abrechnete, wurden vermehrt Rücktrittsforderungen laut.
Die Verwaltungsratsvorsitzende Margit Conty betont allerdings, dass es kein Fehlverhalten Tenzers gegeben habe und die öffentlichen Anschuldigen gegen ihn nicht nachvollziehbar seien. Einen gemeinsamen Weg sehen beide Seiten offenbar trotzdem nicht mehr – wohl auch, um Schaden von der Klinik abzuwenden. Katharina Gebauer
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