das portrait: Epsy Campbell Barr ist die erste schwarze Vizepräsidentin in Lateinamerika
Wer könnte besser gegen Konservatismus und Homophobie stehen als Epsy Campbell Barr? Seit vergangenem Sonntag ist klar: Die 54-jährige wird Vizepräsidentin Costa Ricas. Sie ist damit nicht nur die erste aus der afroamerikanischen Gemeinschaft auf diesem Posten, sondern zugleich die erste schwarze Frau, die dieses Amt in Lateinamerika bekleidet. Sie übernimmt die Aufgabe, nachdem sich ihr sozialdemokratischer Parteifreund Carlos Alvarado bei den Präsidentschaftswahlen durchsetzen konnte.
Gender, Frauen, Arbeit, Menschenrechte, Rassismus und die Entwicklung afroamerikanischer und indigener Gemeinschaften – mit diesen Themen hat sich Epsy Campbell profiliert. So gründete sie in ihrem Land das Zentrum afro-costaricanischer Frauen und koordinierte das Netzwerk afrokaribischer und afro-lateinamerikanischer Frauen.
Mitten im Wahlkampf stellte die Nachfahrin jamaikanischer Einwanderer am 8. März klar, dass sie auch an der Spitze des Staates ihren Blick auf den weiblichen Teil der Bevölkerung richten wird. „Am Internationalen Frauentag möchte ich an die Arbeit der costa-ricanischen Frauen erinnern“, sagte sie und sprach über ihre Geschlechtsgenossinnen, die im Haushalt, auf dem Feld und in den Fabriken schuften müssten.
Es war nicht das erste Mal, dass Epsy Campbell um die Vizepräsidentschaft gerungen hat. Bereits 2006 trat die Wirtschaftswissenschaftlerin für die sozialdemokratische Partei der Nationalen Aktion (PAC) als Kandidatin für dieses Amt an. Zwei Legislaturperioden lang war die 54-Jährige zudem als Abgeordnete für die PAC im Parlament. Zwischen 2003 und 2006 stand sie der Fraktion vor und von 2005 bis 2009 sogar der Partei. Sie gilt als eine der populärsten Politikerinnen ihres Landes.
Die Mutter zweier Kinder sowie Großmutter sticht auch durch ihre Publikationen über sexistische Strukturen und die Diskriminierung afroamerikanischer Gemeinschaften sowie ihre kritischen Interventionen hervor. Immer wieder nutzte sie ihre Position, um gegen den Rassismus zu protestieren. So etwa vor drei Jahren, als sie das in Costa Rica populäre, mit rassistischen Stereotypen versehene Kinderbuch Cocorí über einen afrokaribischen Jungen kritisierte. Sie verhinderte, dass das Buch vom Nationalen Symphonie-Orchester als Musical inszeniert wurde. Den Präsidentschaftskandidaten Juan Diego Castro bezeichnete sie als komplexbeladenen „dahergelaufenen Lümmel“, nachdem dieser während des Wahlkampfes erklärte, Frauen würden im Justizwesen nur durch „sexuelle Gefälligkeiten“ an die Macht kommen.
Für die Zukunft ist Epsy Campbell optimistisch. Sollte der Präsident seinen Posten räumen, so erklärte sie nach dem Wahlsieg, „dann wäre ich die erste Frau afrikanischer Herkunft, die auf dem gesamten amerikanischen Kontinent eine Präsidentschaft übernehmen würde. Das wäre eine große Verantwortung.“
Wolf-Dieter Vogel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen