das portrait: Joachim Herrmann aka „Balu“,der loyale Franke, der vielleicht Chef von Bayern wird
Der Mann hat die Ruhe weg: Während es in seiner Partei brodelt bis kocht, steht Joachim Herrmann am Donnerstagmorgen auf dem Gelände einer Autobahnmeisterei und spricht über das Wetter. Die neuesten Winterdienstfahrzeuge stellt der bayerische Innenminister vor und erklärt, wie der Freistaat Glatteis und Schnee auf den Autobahnen bekämpft.
Eine wichtige Sache, keine Frage – doch viele wollen momentan etwas ganz anderes von Herrmann wissen: Stimmt es? Wird er wirklich gegen Markus Söder antreten? Doch Herrmann lässt sich nicht aufs Glatteis führen. Nachfragen quittiert er seit Mittwochabend immer gleich: „Ich bleibe dabei, ich sage da im Moment nichts zu“, das sei ein „Gebot des Anstands“. Es ist diese stoisch-bärige Ruhe, die ihm den Spitznamen Balu eingebracht hat.
Zuvor hatten Süddeutsche Zeitung und Münchner Merkur berichtet, Herrmann wolle sich um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2008 bewerben. Von einem Geheimtreffen von Hort Seehofers engsten Vertrauten in der Staatskanzlei war da die Rede. Ilse Aigner sei dabei gewesen, Manfred Weber und Alexander Dobrindt, die üblichen Verdächtigen eben. Und Herrmann habe zur Freude der anderen zugesagt, gegen Markus Söder anzutreten. Voraussetzung natürlich: Seehofer erklärt seinen Verzicht und Söder seinen Anspruch.
Die Folge wäre eine Kampfabstimmung – deren Ergebnis für den Parteitag in der darauffolgenden Woche jedoch nicht bindend wäre. Denkbar ist somit, dass Herrmann in der söderfreundlichen Fraktion zwar nur einen Achtungserfolg erzielt, dann aber beim Parteitag noch mal antritt. Dort wird der Spitzenkandidat endgültig gekürt und die Sympathieverteilung ist deutlich schwerer einzuschätzen.
Es gibt zwei Dinge, für die steht Joachim Herrmann wie sonst keiner in der aktuellen CSU: thematisch ist das die innere Sicherheit, charakterlich die Loyalität. Er ist keiner, der flammende Bierzeltreden hält. Aber einer, auf den man sich verlassen kann. Die CSU Mittelfranken bestätigte ihn in diesem Jahr mit 100 Prozent der Stimmen im Amt des Bezirkschefs, auf Platz eins der Bundestagsliste wurde er mit 98,4 Prozent der Stimmen gesetzt. Selbst in der Opposition wird seine Art geschätzt.
Joachim Herrmann mag Schokolade und Roberto Blanco. 61 Jahre ist er jetzt alt; dass er in München geboren wurde, dürfte eher ein Versehen gewesen sein. Denn er ist Erlanger und Franke durch und durch. Seit 1994 sitzt er im Landtag, 2003 wurde er Fraktionschef, 2007 Innenminister. 2008 meldete er schon mal kurz seine Bereitschaft an, als ein neuer Ministerpräsident gesucht wurde, zog aber zugunsten Seehofers schnell wieder zurück.
Sollte er es diesmal ernst meinen, wird Joachim Herrmann seinen Parteifreunden eines glaubhaft vermitteln müssen: dass er tatsächlich Bayerns Ministerpräsident werden will und nicht als Stellvertreter einer angegrauten Eminenz antritt. Dies könnte die größte Herausforderung für den braven Parteisoldaten werden. Dominik Baur
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