piwik no script img

das portraitPastor Steffen Paarfragt und putzt

Er lasse die Menschen erst mal reden, sagt Pastor Steffen Paar, aber: „Ich frage sie auch: Wie siehst du unsere Gemeinde, was gefällt dir, was ist deiner Meinung nach Kacke?“ Vor allem die letzte Frage vereint sich aufs Schönste damit, einfach mal gemeinsam das Klo zu putzen.

Denn genau das tut er: Als „Pastor to go“ können die BewohnerInnen Sülfelds, einer 3.200-Seelen-Gemeinde im Schleswig-Holsteinischen Kreis Segeberg, anderthalb Stunden lang ihren Pastor buchen. Zum Autowaschen, Rasenmähen, Kochen – oder eben zum Kloputzen.

Beworben hat Paar sein ungewöhnliches Angebot durch Flyer, im Gemeindebrief und in der Lokalzeitung. „Und das hat sich schnell rumgesprochen“, sagt er. Über 70 Einsätze hat er schon geleistet und er will weitermachen. Das war eigentlich nicht vorgesehen, denn die „Rent a Pastor“-Idee sollte eine Aktion anlässlich des Reformationsjubiläums sein.

„Ich werde ja dafür bezahlt, für die Menschen da zu sein“, sagt Paar, „aber das wurde immer viel zu wenig abgefragt.“ Also beschloss er, sich anzubieten: „Ins Gespräch kommt ja meist nicht so gut, wenn man einfach nur nebeneinander auf dem Sofa sitzt, sondern wenn man irgendetwas miteinander macht. Und so etwas wie Kloputzen provoziert natürlich auch: Die Leute wollen wissen, ob ich das wirklich tue.“

Klar tut er’s. Ohnehin ist Paar nicht der klassische Dorf-Pastor, wie man ihn sich vorstellt: Der 37-Jährige lebt in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung, ist seit 2015 „verpartnert“ und seit November verheiratet und er liebt Superhelden-T-Shirts. „Es gibt Leute, die sagen, diese bunten Shirts seien unpassend, aber es gibt genauso viele, auch ältere Menschen, die das toll finden“, sagt er.

Seit über elf Jahren ist Paar Pastor, davon die letzten zweieinhalb Jahre in Sülfeld. Sein Berufswunsch stand seit der Konfirmation fest. Sein Glaube, sagt er, wachse seither stetig: „Ich habe nicht Theologie studiert, weil ich der Super-Christ war, sondern weil ich mich für Fragen interessiere – die sind oft besser als Antworten.“Und die will er auch weiterhin stellen und gestellt bekommen, gern auch bei gemeinsamer Hausarbeit: „Aber ganz so offensiv bewerbe ich das nicht mehr, denn aus anderthalb Stunden sind durchaus auch mal zwei, drei geworden. Die Arbeitsbelastung merke ich mittlerweile.“ Simone Schnase

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen