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das portraitSelçuk Kozağaçlı, Anwalt und Menschen­rechts-verteidiger

Foto: ÇHD

Wie viele Journalisten und Menschenrechtsaktivisten ist nun auch der prominente Rechtsanwalt Selçuk Kozağaçlı Opfer der staatlichen Repression in der Türkei geworden. Nachdem er am 8. November festgenommen wurde, entschied das Istanbuler Gericht in Çağlayan am Dienstag, ihn in Untersuchungshaft zu nehmen. Der Vorwurf: Mitgliedschaft in der marxistisch-leninistischen DHKP-C, die in der Türkei als Terrororganisation gilt.

Kozağaçlı leitet seit 2009 die 1974 gegründete Anwaltsvereinigung „Çağdaş Hukukçular Derneği“ (ÇHD) (Verein fortschrittlicher Juristen), die sich politischer Prozesse im Land annimmt. Dass er nun verhaftet wurde, kommt wenig überraschend: Kozağaçlı, der die juristische Fakultät der Universität Ankara absolvierte, haben die türkischen Behörden schon lange im Visier, denn er beschäftigt sich mit politisch brisanten Justizfällen. Bereits 2013 war Kozağaçlı unter demselben Vorwurf verhaftet worden. Nach mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft kam er frei, weil die Anklage gegen ihn fallengelassen wurde.

Ein Blick auf die Liste seiner Mandanten offenbart, warum er der türkischen Regierung ein Dorn im Auge ist: In den letzten Jahren vertrat Kozağaçlı etwa Angehörige des 54-jährigen Metin Lokum, der 2011 bei Protesten gegen Recep Tayyip Erdoğans Wahlkampfveranstaltungen in der Schwarzmeerküstenregion getötet wurde, als die Polizei Tränengas einsetzte; und er engagierte sich im Fall des 15-jährigen Berkin Elvan, der bei den Gezi-Protesten 2013 von einer Tränengaspatrone getötet wurde.

Besonders brisant war der Soma-Prozess. 2014 starben in der westtürkischen Stadt 301 Bergmänner bei einem Grubenunglück – das größte Unglück dieser Art in der türkischen Geschichte. Die Katastrophe wird auf die Nachlässigkeit der Behörden zurückgeführt, die Angehörigen der Opfer fordern, dass sie zur Verantwortung gezogen werden. Kozağaçlı gehört auch zu den Verteidigern der Literaturwissenschaftlerin Nuriye Gülmen und des Lehrers Semih Özakça. Weil sie nach dem vereitelten Militärputsch im Juli 2016 vom Dienst suspendiert wurden, traten Gülmen und Özakça in einen Hungerstreik – und wurden verhaftet. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte sie, einer Terrororganisation, ebenso der DHKP-C, anzugehören.

Bevor das Gericht entschied, ihn in Untersuchungshaft zu nehmen, sagte Kozağaçlı den Anwesenden am Gericht von Çağlayan, man versuche, Verteidiger von Menschenrechten zu isolieren und gesellschaftspolitische Justizfälle von der Agenda verschwinden zu lassen: „Es ist egal, ob ich draußen oder drin bin. Wir werden von keinem dieser Fälle ablassen bevor die Mörder ihre Rechnung beglichen haben. Das ist für die Opfer von Soma. Das ist für diejenigen, die bei dem Anschlag in Suruç ihr Leben verloren haben. Das ist für Nuriye und Semih.“ Erk Acarer

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