das ding, das kommt: Im Netz der Pötte
Mit der Vermessung des öffentlichen Raums beschäftigen sich die Künstler:innen Alexandra Grieß und Patrick Will derzeit im Kunstverein am Harburger Bahnhof in Hamburg. Oder, um ein bisschen Deutung nachzulegen: Es geht ihnen um die Verknappung menschlich-sinnlicher Erfahrungen im GPS-getrackten Alltag – was also verloren geht, wenn flanierende Menschen zu Punkten und Linien auf digitalen Landkarten werden.
Die nächste Runde ihrer Feldforschung führt an diesem Sonntag zu öffentlichen Toiletten Harburgs. Das ist schlüssig, weil das öffentliche Klo so was wie der Endgegner jeglicher sinnlichen Erfahrung ist. Aber, dialektische Faustregel: Selbst das superversiffte Exemplar vom Festival, Autobahnparklatz oder Kleinstadtbahnhof ist in der Regel besser, als kein Klo zu haben.
Und so wird die Bedürfnisanstalt zum Zeichen, dass GPS-gestützte Bewegungsprofile Objektivität nur vorgaukeln – und dabei hart zum Asozialen tendieren. Wer mal versehentlich durch die Baustellenzufahrt einen Stau überholt hat, weil das „intelligente Navi“ das für eine gute Idee hielt, weiß das aus eigener Erfahrung. Denn für dieses soziale Spannungsfeld sind Klos wie schwarze Löcher: weil sie biologische Abweichungen vom optimierten Weg bedeuten – wenn man in modernen Großstädten hektisch dreimal um den Block nach ihnen suchen muss.Jan-Paul Koopmann
Rundgang „Wo sind denn hier die Örtlichkeiten?“: So, 7. 6., 16 Uhr, Hamburg, Kunstverein Harburger Bahnhof
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