piwik no script img

das ding, das kommtDie Zeit festgehalten

Einst ein ganz neuartiges Aufschreibsystem: Thomas Edisons Phonograph mit Wachswalze (hier ein Heimmodell von 1900) hat der Komponist Tom Rojo Poller ein Stück gewidmet Foto: Norman Bruderhofer/Wikimedia Commons

Ein Abend übers ­Schreiben? Ein überschriebener? Die Doppeldeutigkeit sei Programm, teilt das Ensemble Megaphon mit: Im Porträtkonzert für den Komponisten Tom Rojo Poller geht’s demnach um den Prozess des Schreibens an sich – Musik wird ja meist geschrieben. Andererseits spiele das ­Schreiben, spielten auch die dazu hilfreichen Gerätschaften, eine besondere Rolle im Schaffen des gebürtigen Osnabrückers, der in Berlin lehrt und lebt: Die Musiker*innen weisen hin auf seinen Einsatz von Schriftprojektionen und Schreibmedien oder auch die Bezugnahme auf – im übertragenen Sinne – Schreib-Geräte wie den Wachswalzen-Phonographen.

Die Referenz führt hinein in die Medienarchäologie, in einen Umbruch, den der Theoretiker Friedrich Kittler für enorm bedeutend erachtet hat: Der Phonograph, 1877 von Thomas Edison vorgestellt, der Klänge auf Wachswalzen übertrug, und wenig später das „Kinetoskop“, der erste Filmbetrachter, hielten demnach erstmals „akustische und optische Daten in ihrem Zeitfluß selber fest“ – was das Foto oder die Lithografie nicht täten. Ja: Aufgeschrieben werde die Zeit selbst.

Klingt dröge? Dann rasch ein spannender Schlenker: Als eine von zehn Arten, die Erfindung zu nutzen, orakelte Edison: zum Festhalten „letzter Worte von Sterbenden“. Alexander Diehl

„Über_Schreiben“: So, 20. 1., 18 Uhr, Hannover, Sprengel Museum

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen