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corona in bremen„Die alten Leute können aktuell nichts machen“

Dietmar Stadler

92, ist Seniorenbeauftragter in Horn-Lehe und bei der SPD.

Interview Marie Gogoll

taz: Herr Stadler, welche Themen haben alte Menschen in diesem Corona-Jahr besonders beschäftigt?

Dietmar Stadler: Am Anfang der Pandemie standen wir vor der großen Frage: Wie können wir organisieren, dass die Jüngeren für die Älteren einkaufen gehen? Zum Glück lief das aber bald sehr gut. Von den Konfirmanden bis zur AWO packen immer noch viele junge Leute mit an. Jetzt sind alle Senioren, die uns angesprochen hatten, mit Einkaufshilfen versorgt.

Gibt es Themen, die immer noch Probleme machen?

Ja, die Einsamkeit. Die alten Leute können aktuell ja eigentlich nichts machen. Sie dürfen ja nur einkaufen gehen und wieder zurück nach Hause. Wir können im Moment nicht mal zusammen ein Bier trinken. Viele vermissen einfach jemanden, mit dem sie über Gott und die Welt quatschen können. Vor Kurzem habe ich eine Bekannte an der Ampel getroffen und die hatte mir so viel zu erzählen, dass die Ampel schon längst wieder rot geworden war.

Was können Sie als Seniorenbeauftragter gegen die Einsamkeit tun?

Das ist sehr schwierig. Wir arbeiten normalerweise viel mit den Heimen zusammen und stellen da was an, organisieren zum Beispiel Ausflüge. Jetzt darf man in viele Heime ja nicht mal reingehen.

Was machen Sie denn normalerweise so als Seniorenbeauftragter?

Ich spreche mit den Leuten über ihre Wünsche für den Stadtteil und gebe die dann ans Ortsamt weiter. Dabei geht es zum Beispiel darum, die Bordsteine abzusenken, damit man mit einem Rollator besser hinaufkommt. Andererseits dürfen sie nicht zu flach sein, weil Sehgeschädigte sie sonst nicht mehr mit ihrem Stock ertasten könnten. Ein anderes Thema ist die Mobilität. Viele wünschen sich verbilligte Fahrscheine für einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel von zehn bis 14 Uhr. Um solche Fragen dreht sich meine Arbeit als Seniorenbeauftragter, ich bin quasi ein Vermittler für die Bedürfnisse der Älteren.

Wie erreichen Sie Ihre Zielgruppe?

Generell kennt man sich in Horn und läuft sich über den Weg. Wenn wir aber mal konkrete Aktionen machen wie eine Sprechstunde zu einem bestimmten Thema, dann erreichen wir die Menschen über die Zeitung. Und da muss ich auch mal sagen, dass die Zeitungen unsere Meldungen leider nicht oft bringen. Dabei ist das für viele alte Menschen der einzige Weg, sich zu informieren. Wenn etwas nicht in der Zeitung steht, werden ältere Leute abgehängt. Die Jüngeren lesen das Internet und die Älteren die Zeitung.

Haben manche Senior*innen nicht vielleicht durch Corona den Weg ins Internet gefunden?



Manche Heime bieten Räume an, in denen die Menschen mit ihren Angehörigen ­videochatten können. Aber grundsätzlich glaube ich nicht, dass durch Corona mehr von uns das Internet nutzen.

Viele junge Leute sind sich unsicher, wie sie zu älteren Kontakt halten und sie unterstützen können, ohne sie zu gefährden. Was denken Sie, wie kann ich meinen Großeltern eine Freude machen?


Ich würde vorschlagen, mit den Angehörigen zu telefonieren und Briefe oder kleine Päckchen zu schicken. Einfach versuchen, in irgendeiner Weise den Kontakt zu halten. Man kann auch mal Blumen vor die Tür stellen oder ein Bild malen. Und wenn die Oma vom Enkel eine Tafel Schokolade bekommt, ist das quasi eine Amerikareise.

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