corona in bremen: „Es fehlte ein bisschen der Druck“
Thomas Fuchs Jahrgang 68, ist Sprecher der Handwerkskammer Bremen.
Interview Dana Ehlert
taz: Herr Fuchs, in diesem Jahr sind viele Ausbildungsplätze in Bremer Handwerksbetrieben noch unbesetzt. Wie viele sind das?
Thomas Fuchs: Es gibt keine Stelle, der sämtliche freie Ausbildungsplätze gemeldet werden. Die Handwerkskammer trägt die Zahlen der unterschriebenen Ausbildungsverträge in die Lehrlingsrolle ein und dies sind im Moment – im Vergleich zum Vorjahr – über 30 Prozent weniger.
Was sind die Gründe dafür?
Das hängt von der Coronasituation ab. Die Schule war geschlossen, die Berufsorientierung findet nicht im bisherigen Umfang statt, Ausbildungsmessen fallen aus ... Insofern fehlte ein bisschen der Druck, dass sich die Schulabgänger bewerben. Viele Jugendliche haben den Schulausfall eher als Freizeit empfunden.
Bei welchem Beruf sind die sinkenden Bewerberzahlen besonders spürbar?
Besonders deutlich wird es bei dem Beruf des KFZ-Mechanikers. Bundesweit ist es bei den Jungen der beliebteste Ausbildungsberuf des Handwerks. Etwa 60 neue Ausbildungsplätze gibt es pro Ausbildungsjahr im Bremer Handwerk. Nur etwas mehr als die Hälfte davon sind bis jetzt besetzt. Es ist ein deutliches Signal, wenn auch hier weniger Bewerbungen eingehen.
Wie sehen denn die Initiativen aus, um mehr Jugendliche für die Branche zu begeistern?
Seit Jahren wirbt das Handwerk mit seiner Imagekampagne. Viele Handwerker berichten in Schulen oder bei Ausbildungsmessen von ihrer Arbeit, das Bildungszentrum Handwerk führt Berufsorientierungen durch ... In diesem Jahr war aber vieles coronabedingt nicht möglich.
Wie wichtig ist der Nachwuchs für die Zukunft der Branche?
Das Handwerk braucht Nachwuchs. Wenn sich die Auftragslage in den kommenden Monaten bessert, werden sich die Aufträge ansammeln. Deshalb sind die Chancen im Handwerk weiterhin ausgezeichnet. Jugendliche, die etwas erreichen wollen, haben hervorragende Möglichkeiten: Gerade jetzt – wo viele Ausbildungsplätze noch frei sind – haben sie quasi die freie Auswahl und wer sich anstrengt, hat in den nächsten Jahren gute Chancen seinen eigenen Betrieb zu führen. In den kommenden Jahren stehen etwa 200 Betriebe aus Altersgründen zur Übernahme an.
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