chronik der affäre: Ende nicht in Sicht
WIESBADEN dpa ■ Monate nach dem Geständnis von Exparteichef Manfred Kanther über schwarze Auslandskonten tauchen immer wieder neue Informationen auf. Die Chronologie:
29. November 1999: Der Spiegel zitiert aus alten Rechenschaftsberichten. Danach sind die „sonstigen Einnahmen“ der CDU 1989 und 1991 sprunghaft auf Millionenbeträge gestiegen. Die Partei erklärt dies mit anonymen Vermächtnissen. Die Affäre beginnt.
3. Januar 2000: In Wiesbaden wird bekannt, dass der frühere CDU-Schatzmeister Casimir Prinz Wittgenstein seiner Partei einen 1,5-Millionen-Mark-Kredit gegeben haben soll. Dieser angebliche Kredit erweist sich später – wie die Vermächtnisse – als falsche Bezeichnung für die Geldzuflüsse aus schwarzen Konten in der Schweiz.
14. Januar: Kanther räumt in einer Pressekonferenz ein, 1983 rund acht Millionen Mark der hessischen CDU ins Ausland geschafft zu haben. Um das in der Schweiz angelegte Geld zurück zu transferieren, seien die angeblichen Vermächtnisse erfunden worden.
17. Januar: Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden nimmt Ermittlungen gegen Wittgenstein und den CDU-Finanzberater Horst Weyrauch auf, später auch gegen Kanther.
30. Januar: Weyrauch teilt mit, dass die Hessen-CDU 1983 wegen der bevorstehenden Verschärfung des Parteiengesetzes 20,8 Millionen Mark aus Hessen auf Schweizer Treuhandkonten deponiert hat.
8. Februar: Koch räumt ein, die Öffentlichkeit belogen zu haben. Er habe noch am 10. Januar wider besseres Wissen die Parteieinnahmen als regulär bezeichnet. Die SPD fordert Kochs Rücktritt.
17. Februar: Der Landtag setzt einen Untersuchungsausschuss ein.
19. Februar: Koch wird bei einem CDU-Landesparteitag mit 97,6 Prozent der Stimmen als Parteivorsitzender bestätigt.
3. März: Das hessische Wahlprüfungsgericht beschließt, die Landtagswahl von 1999 wegen der Schwarzgeldaffäre zu überprüfen.
4. März: Die hessische FDP stimmt bei einem Sonderparteitag dafür, die CDU/FDP-Koalition unter Koch fortzusetzen.
10. März: Die CDU entlässt überraschend Generalsekretär Herbert Müller wegen falscher Buchungen von 50.000 Mark aus schwarzen Konten.
30. Mai: Die Landesregierung reicht Verfassungsklage in Karlsruhe gegen das Wahlprüfungsgericht ein. Grund sind die Zusammensetzung des Gremiums und das Fehlen einer Berufungsinstanz.
14. Juli: Die Hessen-CDU räumt ein, seit Anfang der 80er Jahre vom Süßwarenkonzern Ferrero regelmäßig Barspenden im Gesamtwert von knapp einer Million Mark bekommen und nicht im Rechenschaftsbericht angegeben zu haben.
9. August: Ein interner Bericht des Ex-CDU-Wirtschaftsprüfers Weyrauch wird bekannt. Danach hat der frühere CDU-Buchhalter Franz-Josef Reischmann, der von 1988 bis 1992 rund 2,2 Millionen Mark unterschlagen hatte, auch in der Amtszeit von Koch als Fraktionsvorsitzender 1990/91 Geld veruntreut.
23. August: Der langjährige Kassenprüfer der CDU-Fraktion, Frank Lortz, berichtet, er habe die gesamte Fraktion Ende März 1993 über Unregelmäßigkeiten in den Fraktionsfinanzen informiert. Aus Sicht der Opposition ist Koch damit der Lüge überführt. Er hatte ausgesagt, von der Reischmann-Affäre erst im Mai von Kanther erfahren zu haben.
2. September: Medienberichten zufolge sollen Spenden von mehreren hunderttausend Mark auf verdecktem Weg an die CDU geflossen sein. Der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI) bestätigt im Spiegel, 1998 und 1999 insgesamt 450.000 Mark an die CDU-nahe „Hessische Akademie für politische Bildung“ gezahlt zu haben, um Koch zu unterstützen. SPD und Grüne fordern den Rücktritt Kochs.
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