bundeswehr-einsatz: Rot-Grün ist noch nicht so weit
Die Sommerpause geht vorfristig zu Ende. Bereits kommende Woche könnten Bundesregierung und Parlament der Entsendung deutscher Soldaten für das Nato-Kontingent in Mazedonien zustimmen. Noch ist die Lage unklar: Auf dem Balkan, wo das kürzlich unterzeichnete Friedensabkommen fragil ist, und in Berlin, wo die rot-grüne Koalition im Bundestag keine eigene Mehrheit für einen Einsatz hat – und wo die Opposition ebenfalls keine Klarheit in der Sache erkennen lässt.
Kommentar von SEVERIN WEILAND
Der Zeitdruck ist verständlich: Je schneller die Nato mit der Gesamttruppe vor Ort ist, um die albanischen Rebellen zu entwaffnen, umso besser kann sie Hintertüren verschließen und den Konfliktparteien ihren Durchsetzungswillen demonstrieren. Doch gerade hier, bei der Belastbarkeit der Waffenruhe, beginnen alle Unwägbarkeiten. Was passiert, wenn die Frist zum Einsammeln der Waffen nicht eingehalten wird? Was, wenn wie im Nordirland-Konflikt eine der Parteien aus dem Abkommen aussteigt? Wird dann das Mandat der Nato-Truppen verändert? Was geschieht, wenn die Truppen der Nato – und damit wohl auch deutsche Soldaten – in einen Bürgerkrieg hineingezogen werden? Ein übereilter Rückzug wie einst aus dem von Clans zerrütteten Somalia wäre undenkbar, weil er die notdürftig gewonnene Stabilität auf dem südlichen Balkan in Gefahr brächte.
Noch spielt die Bundesregierung gegenüber dem Ausland auf Zeit, und im Inland sucht sie den politischen Konsens. Sie will die rund 20-köpfige Gruppe der SPD-Abgeordneten ebenso für eine Zustimmung gewinnen wie die Opposition. Kompromisse bahnen sich an: Nicht alle SPD-Opponenten und auch nicht viele in der FDP sind ganz grundsätzlich gegen einen Einsatz. Die Union hat ihr Ja zum Mazedonien-Einsatz an die verbesserte Ausstattung der Truppe geknüpft.
Unüberwindbar sind die Hürden nicht. Finanzielle Zusicherungen für den Nato-Einsatz hat Bundeskanzler Schröder bereits gegeben. Zwar wünschen sich manche SPD-Verweigerer ein förmliches UN-Mandat statt der Eigeninitiative der Nato. Doch vielleicht ist die jüngste Erklärung des UN-Sicherheitsrates, der die Gewalt der Konfliktparteien verurteilt hat, eine Brücke, über die zu gehen sie bereit wären.
Die eigentliche Entscheidung aber fällen die Konfliktparteien in Mazedonien selbst. Bleibt es so stabil, wie es zurzeit aussieht, wird der Einsatz kommen – mit deutscher Beteiligung.
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