brief des tages:
Mit laufender Nase
„Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Eine Frage des Vertrauens“, taz vom 8. 1. 25
Ich komme ursprünglich aus Tschechien, dort bekommt man während der Krankschreibung nur 60 Prozent Lohn und in den Jahren 2009 – 2019 gab es drei Karenztage. Die Folge: Mitarbeiter mit niedrigem Lohn waren „weniger krank“. Es gibt zwei Methoden: Mein Vater und ich waren gesund und kräftig. Dementsprechend waren wir nie krankgeschrieben. Das heißt natürlich nicht, dass wir nie krank waren, aber irgendwie fähig, unsere Krankheiten auf die Wochenenden zu verschieben. Schon am Montag merkt man, dass man krank wird, mit Paracetamol, Knoblauch, Halstabletten und Nasenspülung geht es halbwegs. Meine Mutter war kränklich, also hat sie an solchen Tagen Urlaub genommen. 60 Prozent Lohn sind schlicht zu wenig. Ich bin damit aufgewachsen, dass Krankheiten ignorieren eine Tugend ist. Aber was für einen Eindruck macht eine schwere Erkältung im Kontakt mit Kunden? Interessant: Eines Tages kam ich sichtbar erkältet in eine Fast-Food-Firma, sollte ursprünglich an der Kasse stehen, wurde aber in die Küche geschickt: „So sehen es die Kunden wenigstens nicht.“ Helena Jindrova, Duisburg
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