brief des tages:
Die Rolle der Kirchen nicht vergessen
„Putins Pläne zusammengebrochen“, taz vom 1. 3. 22
Um vielleicht wenigstens in Ansätzen das Handeln Putins verstehen zu können, sollte man nicht die Rolle der Kirchen vergessen. Man kommt schnell an eine Grenze, wenn man versucht, diesen Krieg rational, also mit Hilfe der Vernunft einzuordnen. Aber es gibt eine starke Strömung im Hintergrund, und das ist die Annäherung der russischen Regierung seit Boris Jelzin mit der russisch-orthodoxen Kirche. Mittlerweile gibt es wohl ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Staat und Kirche. Gemeinsames Ziel scheint es zu sein, die Größe und den Stolz Russlands wieder aufzubauen und eine deutliche Distanz zum gottlosen Westen zu etablieren. Die zentrale Rolle von Religion im Selbstverständnis Russlands unter Putin paart sich mit Nationalismus, Homophobie und der Angst vor Unübersichtlichkeit und auch Unberechenbarkeit freiheitlicher Demokratien. Die zunehmende Orientierung der Ukraine nach Westen ist damit auch ein ideologischer Konflikt, der die eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine mit der russisch-orthodoxen Kirche entzweit.
Rolf Kannen, Ehrenkirchen
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