brief des tages:
Menschenwürdiger Umgang mit Sterben
„Gedenken und Gegen-Gedenken“,
taz vom 19. 4. 21
Für Sterbende und ihre Angehörigen gibt es keine politische Lobby. Die Pandemie offenbart, dass ein menschenwürdiger Umgang mit dem Sterben in unserem System nicht eingepreist ist. Es unterliegt ökonomischen Zielvorgaben. Innerhalb eines halben Jahres konnte ein Impfstoff gegen Covid-19 entwickelt werden. Innerhalb von zwölf Monaten war es aber nicht möglich, „Korridore“ für die menschliche Begleitung schwer Erkrankter und Sterbender zu organisieren.
Im politischen und medialen Raum ist eine solche Forderung interessanterweise nie erhoben oder durchgerechnet worden. Die inhumane Abschottung der Krankenhäuser und Seniorenheime wurde von allen als alternativlos hingenommen. Selbst die Kirchen schwiegen. Aufgrund ihres Selbstverständnisses hätten sie aber längst Partei ergreifen müssen. Ein völliges Versagen. Die Sterbenden und ihre Angehörigen sind unfassbar allein gelassen. Vor einer würdevollen Gedenkfeier für die Verstorbenen muss die Bewahrung ihrer Würde zu Lebzeiten stehen. Sonst wird es zynisch.
Erhard Ufermann, Wuppertal
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