brief des tages:
Mit dem Mut der Verzweiflung
„Räumung des Dannenröder Forstes“, taz vom 12. 11. 20
Nach meinen wiederholten Besuchen im Dannenröder Wald habe ich den Eindruck, dass in der Darstellung der Medien immer wieder aus Einzelfällen des Polizeiberichts ein Gesamtbild konstruiert wird, das die Proteste diskreditieren und kriminalisieren soll. Aus meinen zahlreichen Gesprächen und Erlebnissen gewinne ich ein anderes Bild:
Es sind Jugendliche, mehrheitlich weiblich und unter zwanzig, die sich bis an die Grenze der körperlichen und psychischen Erschöpfung den Beharrungskräften des wirtschaftlichen und politischen Status quo entgegenstellen.
Die Protestform der Waldbesetzung hat Gewalt gegen Polizeikräfte im Übrigen gar nicht nötig. Der harte Kern des Widerstandes ist das Besetzen von Bäumen, das notwendigerweise nach einer zwischen beiden Seiten eingespielten, besonnenen und kooperativen Choreografie abläuft. Ansonsten würden Aktivisten und Polizeikräfte einander ständig in Lebensgefahr bringen. Der Widerstand ist wirksam nicht durch Gewalt oder Beleidigungen, sondern durch den Einsatz verletzlicher Körper. Manuel Vogel, Jena
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