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brief des tages

Tote sowjetische Soldaten

„Namenlose Verbrechen“, taz vom 24. 10. 20

Ein Freund von mir bemüht sich (durch Auswertung der Totenkarteien, die er sich über hunderte von Kilometern an die dänische Grenze schicken lässt), den toten sowjetischen Soldaten der emsländischen Kriegsgefangenenlager posthum ein Stück ihrer Biographie wiederzugeben. Es ist (immer noch) ein Widerspruch, der mich zerreißt: Wäre ich selbst eine Generation früher geboren worden, so wäre ich mit gleicher Wahrscheinlichkeit (soldatischer) Täter wie auch (Euthanasie-)Opfer geworden. Da tröstet nur die Lektüre von Widerstand und Exil. Sie waren so, wie ich gerne wäre! Und deshalb wollte ich eigentlich zu diesem Thema schweigen. Dann aber las ich Ihren großartigen Essay zum – vom Bundestag gewollten, aber von der Öffentlichkeit beschwiegenen – Dokumentationszentrum zur deutschen Besatzungsherrschaft, der mit dem Diktum endet: „Wer Opfer in kulturell hochstehende, daher mit Denkmälern zu adelnde, und minder wertvolle (wie die sowjetischen Soldaten) teilt, zeigt, dass die Lektionen der NS-Zeit trotz aller Aufarbeitung nicht vollständig begriffen sind.“ Ganz herzlichen Dank!

Walter Grode, Hannover

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