bilanzen, teil 5 : Der Legalist
Wir haben uns geirrt. Einen „ideologischen Nachfolger von Rechtsaußen und Ex-Senator Ralf Borttscheller“ wähnte die taz 1999 im Anzug. Recht hatten wir damals jedoch mit der Unterstellung, der neue Innen-Staatsrat Kuno Böse schiele nach dem Sessel seines Chefs.
Zwei Jahre Senator Böse – offensichtlich hat die CDU mit ihrem Berlin-Import einen guten Griff getan: Den Auftrag, das Thema „innere Sicherheit“ so glaubhaft zu besetzen, dass für einen Schill kein Platz ist, hat er erfüllt. Dabei ist Böse kein rechter Scharfmacher.
Beispiel Zuwanderung: Weil er Integrationsmängel für ein gesellschaftliches Risiko hält, hegte er Sympathien für entsprechende Passagen in Schilys Gesetzentwurf. Anders als in der CDU üblich beließ Böse es nicht beim Lamento, sondern machte auch konkrete Angebote: Die Sprachprüfung, Bedingung für die Einbürgerung, verlegte er kurzerhand von furchteinflößenden Amtsstuben in die niedrigschwellige Volkshochschule. Gnade jedoch ist Böses Sache nicht – vor allem in der Frage der kurdischen Libanesen legte der „Legalist“ die Gesetze gerne auch besonders streng aus. Bei der Verleihung des Kunstförderpreises 2002 gab es dann zwei Auszeichnungen – die vom Kultursenator Böse überreichte und goldene Handschellen für den Senator selbst, „gestiftet“ von einer Initiative gegen Abschiebung.
Dabei ist Kultur doch die Domäne, auf der er von Leuten gelobt werden will, die ihm innenpolitisch nicht nahe stehen. Anfangs war die Szene positiv von der Verve überrascht, mit der sich Böse für unterfinanzierte Einrichtungen einsetzte. Wer den Senator freilich öffentlich kritisierte – etwa Jörn Christiansen vom Focke-Museum – bekam Liebesentzug. Und wenn Böse selbst eine Schlappe einstecken musste, richtete er sich schnell in der Opferrolle ein. „Letztendliche Verantwortungen“ leugnet er nicht, die eigentliche „Schuld“ aber pflegt den Unterbau zu treffen. Dann hatte entweder die kmb falsch gerechnet oder die Kulturverwaltung gepfuscht. Dass er deren Reform nicht bewerkstelligte (das wichtigste Manko seiner Amtszeit, das auch der Kulturhauptstadts-Diskussion Turbulenzen bescherte), sei wiederum Schuld des Personalrats. Wer so agiert, vermasselt sich einen Teil seines Erfolgs. Trotzdem: Unterm Strich hat die Amtszeit Böses der Kultur mehr gebracht, als die der Vorgänger Bernt Schulte und Bringfriede Kahrs.
Seine Achillesferse ist das Sportressort. Staatsrätin Elisabeth Motschmann ließ ihn treudoof Spitzenleichtathletik im Weserstadion versprechen. Dann gab sie zu, das sei nach dem Umbau unmöglich. Zu gern hätte Böse da seine Intimfeindin geschasst – aber sie ist auch stellvertretende Parteivorsitzende.Jan Kahlcke/Henning Bleyl