: betr.: Regisseur Krystof Kieslowski
Manchmal besitzen die Leute bei der ARD wirklich einen guten Riecher. Der bis dahin noch relativ unbekannte polnische Regisseur Krystof Kieslowski (Foto) hatte die ungewöhnliche Idee, über die zehn Gebote eine zehnteilige Fernsehspielreihe zu drehen. Nachdem das ZDF abgewinkt hatte, stieg schließlich der SFB als Koproduzent ein. 1988 lief dann der Kurze Film über das Töten als Spielfilmauskoppelung aus der Reihe auf dem Filmfestival in Cannes und sorgte für eine Sensation: die billigste polnische Produktion des Jahres (der „Kurze Film...“ hat 44 Millionen Zloty, damals ca. 65.000 DM, gekostet) verdrängte die aufwendigen europäischen Koproduktionen und behäbigen Literaturverfilmungen, die in Cannes dominierten, von den Titelseiten. Kieslowski bekam den „Großen Spezialpreis der Jury“ und später den „Felix“ für den besten europäischen Film des Jahres. Die schnörkellose Strenge seiner Arbeit über das fünfte Gebot „Du sollst nicht töten“ schockierte und begeisterte die Kritiker gleichermaßen. Über seinen Bezug zur Wirklichkeit und zum Schiksal sagte Kieslowski in einem taz-Interview (26.1. 1989): „Es gibt in allen zehn Filmen eine Figur, die all das ist, worüber wir eben gesprochen haben. Schicksal, Vorbestimmung, Gott, Engel, vielleicht Teufel. Jemand, der auf all das schaut, was passiert, nichts sagt, nur schaut, was passiert, überdrüssig, leidend... Die ideale Farbe, wenn man die Wirklichkeit noch schrecklicher darstellen will, als sie ist, ist Grün. In diesem Sinne ist der Film („Kurzer Film...“) tatsächlich realistischer als die Wirklichkeit selber. Denn es geht ja nicht darum, das man das Töten nicht aushalten kann, auch das Leben ist nicht mehr zu ertragen, und darüber ist dieser Film“. Eine weitere Spielfilmauskoppelung aus Kieslowskis Dekalog ist der Kurze Film über die Liebe, der im vergangenen Jahr auf der Berlinale und später in den deutschen Kinos zu sehen war.
Jetzt beginnt in Nord 3 die Ausstrahlung des vollständigen Dekalogs. Ab heute jeweils freitags um 21 Uhr werden die polnischen Kostbarkeiten gezeigt. West 3 folgt am kommenden Donnerstag um 22.30 Uhr mit der Ausstrahlung; die übrigen Dritten Programme werden folgen. Im Dekalog Eins erzählt Kieslowski die Geschichte von Krystof und seinem Sohn Pawel. Da sich die Mutter seit längerer Zeit im Ausland aufhält, zieht Krystof seine Sohn alleine groß. Der Vater ist als Computerfachmann ein überzeugter Realist und Atheist. Sein Gott, neben dem es keinen anderen gibt, ist des Berechenbare. Erst durch den tragischen Tod seines Sohnes beginnt er zu zweifeln.
Foto: Christian Schulz/Paparazzi
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