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berliner szenenIn Dahlem läuft es anders

Mit Freundinnen bin ich in einem Biergarten an der FU verabredet, weil es ausnahmsweise besser passte, als sich in Moabit zu treffen. Vor dem Eingang treffe ich schon auf A. Sie schließt ihr Fahrrad an, und während ich mich umsehe, fällt mir auf, dass überall Räder mit Helmen an den Lenkern rumstehen. Ein Fahrrad hat sogar eine Satteltasche dran. „Haben die hier gar keine Angst, dass geklaut wird?“, frage ich und deute auf Satteltasche und Helme.

A. zuckt mit den Achseln. „Läuft vielleicht anders in Dahlem.“ Wir lachen blökend. Da kommen zwei Frauen und schließen ihre Räder ebenfalls mit Helm im Korb ab. Ich sehe ihnen zu, und als die eine Frau mich anguckt, sage ich: „Habt ihr gar keine Angst, dass das geklaut wird wegen der Helme?“ Die Frau guckt mich ziemlich erstaunt an, dann sagt sie: „Also, ich mach das immer so.“ Jetzt gucke ich sehr erstaunt.

Kann doch nicht sein, das ist ja wie in Freiburg, wo ich früh abends an einem einsamen Spielplatz vorbeikam, auf dem lauter Roller, Kinderfahrräder und Bobbycars standen. Ich blieb irritiert stehen und rief: „Nanu, wo sind denn die Kinder, die haben ja alles stehen gelassen?“

C. sagte betont langsam: „Na, die kommen morgen wieder und spielen weiter?“ –„Wie, aber dann sind die Fahrräder noch da?“, fragte ich entgeistert. – „Natürlich“, lachte C. „Wer soll die denn mitnehmen? Oh Mann, ihr Berliner wieder.“ Ich kam mir damals allerdings eher vor wie auf einem anderen Planeten.

Ähnlich wie jetzt hier in Dahlem. Die Frau grinst mich an und sagt: „Aber um ehrlich zu sein, wollte ich mir schon lange mal einen neuen Helm kaufen.“ –„Ach so“, rufe ich fast erleichtert. „Du hoffst also, dass er geklaut wird! Dann ist ja alles gut.“

Als sie fahren, wünsche ich ihnen viel Glück beim Sich-beklauen-Lassen. Das dürfte klappen. Isobel Markus

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