berliner szenen: Planänderung bei fast 40 Grad
Mit einer Hand trinken sie Matetee, mit der anderen nehmen sie meine Daten auf. Das Summen des Ventilators im Hintergrund lässt mich kurz glauben, mitten in der Gluthitze Südamerikas und nicht in der argentinischen Botschaft in Berlin zu sitzen.
Während ich durch das Fenster die gepflegten Balkone und Gärten der Diplomatenhäuser nebenan betrachte, erzählen die Botschaftsangestellten Witze. Dann fragen sie mich, was ich an diesem Tag bei 40 Grad mache. Ich habe vor, zum See zu fahren, nachdem ich meinen Reisepass verlängert habe.
Doch als ich das Betongebäude in der Von-der-Heydt-Straße verlasse, schlägt mir die Hitze ins Gesicht. Eine Baustelle zieht sich über die Lichtensteinbrücke, die Baumaschinen sind laut, ebenso der Verkehr. Hinter der Botschaft rauschen dagegen leise die Sprinkler, Birkenblätter rascheln in einer heißen Brise.
Ich bleibe im Schatten, und das erinnert mich an die Sommer meiner Kindheit: Unter Bäumen oder Dächern verbrachte ich Stunden, während die Erwachsenen Siesta hielten. Am liebsten würde ich deshalb dort bleiben, doch ich habe Hunger und entscheide mich am Ende gegen den See und für ein spätes Frühstück auf dem Rückweg nach Hause.
Nach Kaffee und Croissant auf dem Marheinekeplatz halte ich meinen Kopf unter den Wasserstrahl, der aus dem Brunnen kommt, während Teenager sich um mich herum nassspritzen. Später entdecke ich, dass sich die große Wiese der Hasenheide in eine Art Sommercamp verwandelt hat – überall liegen Menschen im Badeanzug, sie rennen lachend den Sprengern hinterher und spielen mit dem Wasser. Kleine Regenbögen glitzern in der Luft, überall riecht es nach nassem Gras. Ich parke mein Fahrrad und ziehe mich aus.
Luciana Ferrando
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