berliner szenen: Einfach nur scheißwütend
Flora pfeffert ihre Schultasche auf den Boden. „Alles kacke“, sagt sie und lässt sich neben mich auf die Couch fallen. „Konrad?“, frage ich.
Sie nickt. „Er ist jetzt mit Cora zusammen. Ich habe sie gerade am Antonplatz gesehen.“ „Das Mädchen mit den Fingernägeln und den Eyelashes?“ Sie nickt wieder. „Der Typ hat dich nicht verdient“, sage ich. „Im nächsten Leben wird er als Urinstein wiedergeboren. Auf einer Bahnhofstoilette.“
Flora verzieht das Gesicht. „Vergiss ihn endlich.“ „Ja“, sagt Flora leise. Ich höre wie ihre Stimme selbst bei diesem kleinen Wort ein wenig wegbricht. „Hey“, sage ich. „Covergirls weinen nicht, nachdem ihr Gesicht gemacht ist.“ Ich zwinkere ihr zu. „Was?“ Flora schaut mich verwirrt an. „Du sollst wissen, dass du schön bist, genauso wie du bist“, sage ich. „Es gibt kein besseres Du, als das Du, das du bist. Es gibt kein besseres Leben, als das Leben, das wir leben.“ Ich sehe sie ermunternd an. Flora runzelt die Stirn. „Ist da was in deinem Smoothie drin?“ „Alessia Cara“, sage ich. Flora braucht einen Moment, dann klickt es. „Scars to your beautiful?“ „Genau.“ „Du kennst den Text?“ „Klar.“ „Du magst das Lied doch gar nicht.“ Ich zucke mit den Schultern. Flora schüttelt den Kopf. „Du bist echt seltsam.“
„Für mich ist das alles auch neu“, sage ich. „Ich weiß zwar, was Liebeskummer ist, aber ich habe keine Ahnung, wie ich mit dir darüber reden soll.“ „Papa“, sagt sie ernst. „Ich habe keinen Liebeskummer. Ich bin einfach nur scheißwütend auf diesen Penner. Und auf die Bitch auch.“„Okay“, sage ich. „Danke trotzdem.“
Ich nehme sie in den Arm. Ganz kurz nur. Und sie lässt es geschehen. Dann steht sie auf und geht in ihr Zimmer.
„There’s a hope that’s waiting for you in the dark, you should know you’re beautiful just the way you are“, klingt es kurz darauf unter ihrer Türschwelle hindurch.
Daniel Klaus
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