berliner szenen: Fitness über Karstadt
In der Mitte laufen Berichte über Donald Trump, links davon wird eine Maus langsam von einer Schlange verschlungen, und rechts singt die Sängerin Gwen Stefani „It’s My Life“, während sie von Polizisten festgenommen wird. Sowohl die ARD-Nachrichten als auch die Arte-Tierdokumentation und das MTV-Video von der Band No Doubt sind stummgeschaltet – bekommen aber durch meine eigene Musik im Kopfhörer eine neue Bedeutung.
Ich fahre meine zehnte Runde auf dem virtuellen Velodrom: etwa zwanzig Minuten, fünf Kilometer und etwas mehr. Das gefällt mir an meinem Fitnessstudio über dem Karstadt am Hermannplatz – dass ich beim Radfahren fernsehen kann.
Seit meinem Kreuzbandriss komme ich mir vor, als wäre ich zur Expertin in Sachen Fitnessstudios und Krankenhäuser in Berlin geworden und in diesem Fitnessstudio fühlte ich mich sofort wohl …
Es fühlt sich wie eine Verlängerung des Einkaufszentrums an, von der Atmosphäre her, und weil man durch die Glasscheiben ein wenig von der Hermannstraße, dem Hermannplatz und vom Konzerthaus Huxley’s Neuer Welt mitbekommt. Tauben und Möwen fliegen herum, die Sonne kommt herein, wenn sie überhaupt da ist.
Abends ist das Licht weiß und hell und es ist sehr voll. Ich sehe manchmal Gesichter wieder, die ich schon kenne und versuche, sie einzuordnen. Ich sehe zum Beispiel jemanden, die wie ich auf den Geräten tanzt, oder kleine Gruppen, die zusammen trainieren, und viele tätowierte Menschen.
„Zu heiß“, sagt jemand in der Sauna, gut, dass nicht nur ich das so wahrnehme. Wenn ich mit dem Aufzug die sechs Etagen herunterfahre, freue ich mich schon auf die kalte Luft auf meinen roten Wangen und auf den Mond, wenn er riesig über dem Hermannplatz scheint.
Luciana Ferrando
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