piwik no script img

berliner szenenErsatz-Schlafraum? Im Ernst?

An dieser Stelle habe ich schon einmal über die Sperrung der Ost-West-Verbindung Wollankstraße infolge von Bauarbeiten an einer S-Bahn-Brücke geschrieben. Eine Baustelle, die man „weiträumig“ umfahren soll. Das ist allerdings nicht so einfach. Die nächsten Brücken sind weit entfernt, erst an den nächsten S-Bahnhöfen. Dorthin kommt man nur über viel zu schmale Seitenstraßen. Morgens quäle ich mich jetzt mit dem Fahrrad zwischen den im Stau stehenden Bussen, Lkw und Autos, um zum nahen Fußgängertunnel zu gelangen. Der immerhin steht für Radfahrer offen.

Doch dieses Auf-die-andere-Seite-Kommen ist nur ein Aspekt beim Drama dieser Baustelle. Klar ist es ärgerlich, wenn man nicht mehr problemlos zum Einkaufen oder auch zum U-Bahnhof kommt. Aber seit Baustellenbeginn fährt auch die S-Bahn nicht mehr zuverlässig. Einen Vorgeschmack gab es im November. Ich stand schon auf dem Bahnsteig, als ich feststellen musste: Die Bahn fährt nur noch Richtung Süden, und auch das nur mit Pendelverkehr. Das Gleis nach Norden war temporär gesperrt. Hatte es einen Hinweis darauf gegeben? Ich hatte keinen bemerkt.

Kurz darauf in der Bahn, zwei ältere Damen aus Frohnau im Gespräch: „Wie lange das wohl geht? Wusstest du davon?“ „Nee, und ich trau mich auch gar nicht, nachzuschauen. Ich habe was von drei Jahren gehört.“ Das ließ mir keine Ruhe. Aber ich wünschte, ich hätte es nie recherchiert: „Stadtauswärts entfällt der Halt am Bahnhof Wollankstraße zwischen März 2025 und August 2028. Dafür gibt es Schienenersatzverkehr“, entnehme ich Presseberichten. Noch getoppt wird das Drama von „Eventuell müssen Anwohner während unvermeidlichen Nachtbauarbeiten sogar umziehen – die Bahn will dafür jedenfalls ‚Ersatzschlafraum‘ bereitstellen“. Gaby Coldewey

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen