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berliner szenenSo weit weg wie die Steinzeit

Was fällt euch auf?“ Der Guide der Gedenkstätte Berliner Mauer deutet auf eine Steinwand mit eingelassenen Fotografien von Mauertoten. Die umstehenden Schü­le­r*in­nen gehen nacheinander die Wand entlang und fotografieren einzelne Bilder. Ihre Kommentare dabei zeigen, dass sie nicht einordnen können, was sie da sehen. Dass die Teilung der Stadt für sie gefühlt so weit weg ist wie die Steinzeit. Als sie wieder zusammenstehen, meint eine Schülerin: „Da sind ja auch Kinder.“

Der Guide nickt: „Und fällt euch auch etwas an ihren Namen auf? Er liest einzelne vor: „Cengaver Katranci.“ Die Jugendlichen zucken mit den Achseln. Eine Begleiterin erklärt: „Ihnen fehlt das Vorwissen. Wir hatten die DDR noch nicht.“ Sie hilft den Schü­le­r*in­nen auf die Sprünge: „Die DDR war, na ja …“ Sie scheint zu überlegen, wie sie es formuliert. „Die DDR war nicht so multikulturell. Da hießen die Kinder eher Peter.“

Die Schü­le­r*in­nen sehen sie groß an. Einer ruft: „Peter? Im Ernst? Was ist denn das für ein Name?“ Der Guide lässt sich nicht beirren und fährt fort: „Nach Westberlin wiederum wurden viele Menschen aus anderen Ländern als Gast­ar­bei­te­r*in­nen eingeladen.“ Er macht eine Pause: „Cengaver Katranci und die anderen Kinder wollten nicht aus der DDR flüchten. Sie sind auf Westberliner Boden in die Spree gefallen und unter den Blicken Umstehender ertrunken, weil niemand sich getraut hat, sie zu retten.“ Die Spree, erklärt er, gehörte zum Hoheitsgebiet der DDR. Und die DDR-Grenzer waren angehalten zu schießen: „Erst 1975 wurde ein Abkommen zwischen DDR und BRD geschlossen, in dem der Umgang mit solchen Unfällen geregelt wurde.“ Ein Raunen geht durch die Reihe. Einem Jungen entfährt ein leises tschüsch. Dann bleibt es eine Weile still.

Eva-Lena Lörzer

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