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berliner szenenFrauen wie auf einem Triptychon

In deinem Haar ist Schnee“, höre ich jäh von rechts, ignoriere den Zuruf aber zunächst. „Dich meine ich!“, insistiert die Stimme. „Brauchst gar nicht davonzurennen“. Ich neige den Kopf und entdecke in meinem durch die Brille eingeschränkten Sichtfeld drei Frauen. Wie auf einem Triptychon: Die linke beugt sich hinunter, die in der Mitte sieht zu mir, die rechte schaut aufs Smartphone. Sie stehen wieder hier und warten auf Kundschaft, denke ich. Potsdamer Ecke Bülowstraße. Ich gehe weiter zur Ampel, die just auf Rot schaltet. Eine Frau reißt direkt neben mir ihre Arme in die Höhe. Ohne Abstand. Etwas erschreckt blicke ich zu ihr. Es ist die mittlere der Frauen des Triptychons. Sie zeigt auf meinen Kopf: „In deinem Haar: Sommerflocken!“ Sie ist nicht gekleidet wie die Frauen, die vor Corona immer an dieser Ecke standen. Eher unauffällig, eine ausgewaschene Jeans, ein bunter Pulli.

Es ist Anfang Juli, früher Abend, der Asphalt dampft noch ein wenig. Ist so ein Spruch schon Altersdikriminierung oder eine unglückliche Werbestrategie?

Ich beiße mir auf die Zunge, nicht auszuschließen, dass ein Lude die ganze Szenerie aus sicherer Distanz verfolgt. Ich bin leicht konsterniert, wie ein Beamter, dessen Chef*in Freitagnachmittag noch einen Stapel Akten auf den Schreibtisch knallt und dabei sagt: „Schauen Sie das bitte mal durch und erstellen jeweils den Verwendungsnachweis.“

Dann antworte ich der Frau: „Also, Sie, das ist jetzt wirklich nicht nett.“ Die Ampel schaltete auf Grün, aber selbst mein schneller Schritt rettet mich nicht davor, ihre Verwünschungen zu hören: Unfruchtbarkeit und tausend Jahre kein Sex mehr. Ich tauche in den See der Melancholie. Sie hat ja recht, väterlicherseits hatten die Familienmitglieder schon früh weiße Haare. Mütterlicherseits war das Färben stärker verbreitet. Timo Berger

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