berliner szenen: Yoki will nach draußen
Natürlich klopft die Katze nicht an. Es fühlt sich nur so an, wenn er am hinteren Bürofenster der Buchhandlung auftaucht und reingelassen werden möchte. Ich mache auf, der Kater spaziert herein und zittert vor Begeisterung. „Hey, Yoki!“, begrüße ich ihn und halte ihn kurz in den Armen. Ich habe den Eindruck, dass er mich auch begrüßt. Dann läuft er zu den Kunden, wenn welche da sind, und stolziert herum, besucht Bücherregale, versteckt sich hinter dem Sofa, erschreckt sich, wenn ein Hund vor der Tür vorbeigeht. Am liebsten liegt er aber auf dem Tisch im Büro (auf den Büchern, die auf dem Tisch gestapelt sind) oder auf der Theke, sodass die Person, die bezahlen will, ihm Aufmerksamkeit schenken muss.
Bisher habe ich auf Seite der Kunden noch nie was gehört von wegen Angst oder Katzenallergie. Im Gegenteil, die meisten finden ihn süß, viele wollen ihn streicheln. Vor einigen Wochen fing er jedoch an, sich komisch zu benehmen. Zur Straße schauend bleibt er an der Eingangstür, miaut und versucht rauszugehen, jedes Mal, wenn die Tür geöffnet wird. Ich habe verschiedene Ablenkungsmanöver probiert – Leckerlis, Milch –, aber er ignoriert sie. Sein Herrchen erklärt mir, dass es so seit einer Weile geht und er wisse nicht, woran das liegen kann. Yoki würde versuchen, in die Sprachschule von nebenan zu kommen. Einmal habe er das geschafft. „Vielleicht will er einen Sprachkurs belegen oder endlich mal was von Prenzlauer Berg mitbekommen“, scherzen wir.
Das Herrchen bittet mich nicht darum, vorsichtiger zu werden oder ihm nicht mehr das Fenster aufzumachen. Doch die Verantwortung ist mir zu groß. Deshalb beobachten Yoki und ich uns nun aus der Ferne und ich frage mich, ob Katzen wirklich Beleidigung empfinden können oder sie nur so tun, als ob sie beleidigt wären.
Luciana Ferrando
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