berliner szenen: Musik ist eine Maschine
Sie hatten gewarnt: Moroder, schwierig! Ich ging trotzdem hin, ein weiteres Konzert in der Serie große alte Männer, von denen ich nicht weiß, ob ich sie nochmal auf der Bühne sehen werde. Giorgio Moroder steht im Tempodrom hinter einem Pult und macht launige Ansagen. Auf dem Album von Daft Punk hatte das ja gut funktioniert, warum also nicht live, mag er gedacht haben. Es macht Freude, ihm und seiner Band zuzuhören, die wie eine gut geölte Discomaschine arbeitet. Drei Sängerinnen und ein Sänger singen Hits. Auch welche, von denen ich nicht wusste, dass sie aus Moroders Hand stammen: „What a Feeling“ zum Beispiel.
Später singen Geister. David Bowie ist aus dem Off zu hören, Donna Summer kann man in einer Videoaufnahme auch beim Singen zusehen. Was für eine große Sängerin sie war! Es ist sehr schön, aber gespenstisch. Ist das die Zukunft des Pop? Untote singen und die Band spielt dazu, from here to eternity?
Auf nach Kreuzberg in ein Atelier unterm Dach. Dass es so was noch gibt. Auch hier swingt eine Menschmaschine. Michael Werthmüller und Thomas Mahmoud. Zwei Männer, ein Schlagzeug, ein Mikrofon, ein Laptop. Hier gibt’s keine Lasershow und kein „Hallo Berlin“. Dafür kann man zuschauen, wie Werthmüller immer schnellere, immer kompliziertere Rhythmen spielt. Da flutscht ihm ein Drumstick aus der Hand. Während die Beine und die linke Hand weiterarbeiten, zieht er mit der Rechten aus der Gesäßtasche einen Ersatztrommelstock heraus. Andrea fragt sich, wie Schlagzeuger das machen, vier Extremitäten unabhängig voneinander bewegen? Meine These lautet, dass die Arme und Beine unabhängig voneinander wissen, was sie tun. Die Arme, die Beine, die Lebenden, die Toten, die Alten, die Jungen, in der Maschine Musik finden sie alle zusammen. Ulrich Gutmair
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