berliner szenen: Damals während der WM
Deutschland – Schweden, Sie erinnern sich? Kroos, 90. +5? Jedenfalls läuft Deutschland – Schweden, ein Irish Pub, Nähe Helmholtzplatz. Alles ist gelb-blau, blau-gelb. How comes das denn? „Na ja, wir Iren sind ja nur ganz selten mal bei so großen Turnieren dabei“, sagt die Besitzerin, „deswegen brauchen wir ein Ausweichteam. Und irgendwie ist das mal Schweden geworden.“ Deswegen gibt’s hier jetzt Köttbullar zum Draft Beer. Draußen läuft zunächst das Spiel der Südkoreaner, eine Gruppe koreanischer Teenager brüllt sich bei jedem Ballkontakt ihrer Mannschaft die Seele aus dem Leib.
Ein Fernsehteam ist da, von Sky, sie versuchen, Interviews zu führen, aber keiner spricht. Niemand außer einer Frau, die neben mir sitzt, im Schwedenrrikot, mit Schwedenhut, die schwedische Flagge auf beide Wangen gemalt. Sie kommt aus Paris, wohnt seit fünf Jahren in Göteborg. „Ich hab eine personnummer, also bin ich schwedisch.“ Leuchtet mir ein.
Als die schwedische Führung fällt, geht ein leises Raunen durch die zwei vollbesetzten Säle. Es sitzen hundert schwedische Fans hier, aber die sechs Südkoreaner haben beim eigenen Eckball mehr Alarm gemacht, als aus Schweden beim Gewinn der WM herauskäme. „Willkommen im Klischee“, sagt Faiza. Dann bestellt sie ein Bier. Der Ausgleich wird stoisch hingenommen, erst als dieser Kroos sein Tor erzielt, wird hier und da ein Kopf geschüttelt, mit den Schultern gezuckt. „Es ist schon traurig“, sagt Thomas, Faizas Begleiter, und guckt dabei wie in ein leeres Gurkenglas. „Aber die Deutschen waren eben auch besser.“ – „Was?“, ruft da Faiza dazwischen, die gerade vom Sky-Interview zurückkommt. „Wie kannst du denn sodwas sagen?“ – „Nadja, es stimmt.“ – „Das ist doch völlig nebensächlich!“ Er guckt erstaunt, lächelt; demnächst wird er für Frankreich sein.
Frédéric Valin
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