berliner szenen: Mit 69 noch gut bei Stimme
Ich fahre mit dem Rad Richtung Neukölln. Im Schwuz spielen die Sparks. Letzte Woche noch hatten wir über die Band gesprochen, deren großer Hit „This Town Ain’t Big Enough For Both Of Us“ nun auch schon 43 Jahre zurückliegt. Das Fahrradfahren macht Spaß, und ich freue mich, kurz vor sechs mit Kai in der „VIP-Schlange“ des Konzerts zu stehen. Wer die Sparks mag, findet auch Roxy Music, Queen, Liza Minelli und David Bowie gut. Mein Lieblingsstück heißt „Equator“, eine kleine Oper mit Mitsingpassagen. Wir waren 13, als „This Town Ain’t Big Enough“ in der Internationalen Hitparade lief.
Neben der VIP-Schlange ist die Schlange für „registered Guests“. Sie ist sehr lang. Die „VIP-Schlange“ dagegen ist ein Wurm, außer uns steht hier niemand. Vor einer Woche hatte der Freund seine letzte Schicht im Club 49 gehabt, und ich hatte gedacht, wir würden uns nun nie wiedersehen. Stattdessen trinken wir ein Bier an der Bar und quatschen ein bisschen. Es fühlt sich wie Urlaub an, weil es noch so früh ist. Vor uns steht der Große und man stellt sich auf die Zehenspitzen und neben uns, im Mischpultbereich, sitzt ein Typ auf dem Kamerawagen, den ein anderer während des ganzen Konzerts hin- und herschiebt.
Es ist beeindruckend, wie gut der Russel Mael mit 69 noch bei Stimme ist. Die Band trägt matrosenmäßige Pullover. Ron, der ältere Bruder, verzieht keine Miene.
Der Toilettenbereich ist wie eine Stadt für sich. Da mal drei Urinbecken, dann wieder ein paar Kabinen und zwischendrin viel Luft, wie wir Blattmacher so sagen. Eine Weile gehe ich auf die Empore, um Ron eine Weile zu beobachten. Es ist ein Fernsehauftritt, das Publikum ist ganz okay, aber auch nicht enthusiastisch, es hätte keinen Sinn gehabt, nun noch „Equator“ zu spielen, und nach einer Stunde ist es schon zu Ende. Aber war doch super. Detlef Kuhlbrodt
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