berliner szenen: Junge Theatermacher
MANIFESTE
Die Sonne brütete über dem Spiegelzelt, bis Schweißtropfen auf die Nase kullerten. Das aber hatte keine Konsequenzen für den Theatertreffenbetrieb. Montagabend im stickigen Spiegelzelt hatte man Mühe, einen freien Sitzplatz zu finden. Aber Jürgen Kuttner erbarmte sich nicht: „Von den Manifesten zu den Möglichkeiten von Theater zwischen Tanz und Performance“ hieß seine Werkstattgesprächsmission. Warum Manifeste?, fragte er ausgerechnet Sasha Waltz. Ihre Sprache sei die des Körpers, sagte die Choreografin, nach Manifesten solle man andere fragen. Zum Beispiel Robert Schuster, Regisseur und Ko-Leiter des Frankfurter TATs. Er sprach vom Auftrag, der doch den Theatermachern verloren gegangen ist, und erläuterte, am Main würde am Theater der Polis gebastelt: Das Stadttheater wird wieder Staatstheater. Kuttner staunte. Ein Frankfurter Athen? Ein rot-grünes gar? Übertreibe man da nicht? Politeia sei für die Griechen die ganze Bürgerschaft gewesen, erklärte Schuster nachsichtig – auch Kühnel und er strebten keine Spaltung an. Nur im heißen Spiegelzelt ging der Konsens in puncto Wirklichkeit baden. Auf Veranlassung Falk Richters, der gerade an einem Stück über den Kosovo-Krieg schreibt, wurden die Generationen- und die Freiheitsfrage diskutiert. Man schubberte gemeinsam an dem Gedanken, dass die Wirklichkeit zum Teil von den Medien abhängt, die in Form schweißabsondernder Leidensgenossen vor den Theatermachern saßen. AS
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