berliner szenen: Ich bin doch nicht fünf
Gucki
„Unisex“ nannte eine reizende Bekannte vorgestern das Phänomen, das im neuen „Cookies-Club“ Unter den Linden im Koks-, äh, Waschraum zu finden ist: Weibliche und männliche Type-Face-Models müssen ein einziges Handwaschbeckenareal benutzen und sich damit einer Menge Geheimnisse berauben. Da stehen nämlich Mädels mit falschen Haarteilen neben Jungs mit Prittstift-fixierten Britpop-Ponys und gucken sich gegenseitig auf’s Eingemachte: Ein paar der Klos haben noch keine Wände. Sozusagen wie im Wald, nur ohne Bäume. Stört aber keinen, auch die über fünf nicht. Genauso wenig stört, dass einer der riesengroßen Barsäle aussieht, als sei just Richtfest gewesen. Wenn man es nicht besser wüsste und nicht hunderte von jungen Menschen um einen herum ganz normal täten, könnte man denken, man sei zu früh gekommen.
Aber vielleicht flattert auch bald eine neue Einladungskarte ins Haus, auf der steht: „Habe endlich die Löcher zugegipst, die Streben verputzt und die Wände gestrichen und würde mich freuen, wenn ihr zur Eröffnung kommt!“
Den Durchgang von einem in den anderen Saal, in dem Männer, Frauen und die, die sich noch nicht entschieden haben, unter grellen Strahlern herumstehen und Moi-Moi!-Küsschen verteilen, ist schon fertig tapeziert. Mit einer ekeligen Mustertapete. Die macht anscheinend agressiv: Jeder zweite Durchgänger rüpelt die Herumsteher an. „Ist das Eighties, diese Manieren?“, fragt die reizende Bekannte verwirrt, als ihr andauernd das Glas aus der Hand gepatscht wird. Aber das ist nicht Eighties, das ist Cookies, das ist Millennium und so. Schlimm genug. Und „das sind wirklich echte Models“, sagt ein anderer und meint die Frauen mit den Haarteilen auf den Pfennigabsatz-Stiefeln, die wiederum an die 80er gemahnen. Obwohl echte Models bekanntlich nur Evian trinken und nicht, wie diese hier, Prosecco. Aber es ist so voll, dass eh keine richtig umfallen könnte. JENNI ZYLKA
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