berliner szenen: Ästhetischer Formwille
Imbiss-Dandys
Es ist heute unter Jungschnöseln üblich, mit dem Blick des Feuilletonisten durch die Stadt zu laufen und allerhand Merkwürdiges zu entdecken. Man ist sich für nichts zu schade, weder die obligatorischen Hinweise auf NS-Verschwörungen und DDR-Dunkelmannmachenschaften noch für die Neuentdeckung der Steglitzer Schloßstraße. Die macht wenig Sinn, will aber auch nur Distinktion beweisen.
Trotz dieser feuilletonischen Anstrengungen blüht eine Kulturszene jedoch immer noch im Verborgenen: die der Imbissdandys. Tagsüber schneiden sie lustlos oder übervirtous Pressfleischstreifen vom Dönerblock oder shaken das Fett aus den Pommes, sie schöpfen Nudelsalat aus dem Plastikeimer und versenken zerschnittene Hackfleischbällchen in roter Fettcreme. Sie sehen aus wie normale Arbeiterinnen und Arbeiter, geben sich stumpf und volkstümlich, doch in ihnen rumort der ästhetische Formwille und eine sprachphilosophisch geschulte Theorie.
Sie glauben mir nicht? Dann achten Sie auf die Einzelheiten: Warum sehen sie alle gleich aus, benehmen sich gleich und sind von ihrem Publikum nicht zu unterscheiden, wenn sie ihren Unternehmen gleichzeitig geniale Namen geben können? In Berlin hat es eben nicht nur „Wurstmaxe“, „Manni’s Mampfbude“ und „Bulettenbärbel“, sondern auch „Kafka’s Imbiss“, Technogrill“ und „Ali Baba und die 40 Hähnchen“. Und schließlich und in aller Größe: „Zum Hunger“. JÖRG SUNDERMEIER
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen