berliner szenen: Nasse Hunde
Ertränkt
LCB-Sommerfest: Lesungen, Swing, Chinapfanne und ein Sommer, der es ernst meint. Von der Wärme dieses Tages bedrängt, scheint es auszureichen, sich am Hang zu halten, den Fuß im Schuh überstreckt, den Blick ins Tal. Es hat sich eine sanfte Unaufmerksamkeit über diejenigen gesenkt, die im Randbereich des Lautsprechers lagern. Im Zentrum der Sommerhitze aber ist ein freundlicher Hund an einen Wasserhahn geleint, und ein einzelner Gedanke gewinnt allüberall an Dringlichkeit: Der Hund Hat Durst. Schon stolpert ein mitleidiger Mensch dem Hechelnden entgegen, faltet die Hände zum Napf, füllt sie und bietet dem Hund Erfrischung. Letzterer will vor Freude kaum trinken, ersterer wischt sich leicht verlegen an der Hose die Hundeschnauze von den Händen. Dem folgt ein Paar, das es vorzieht eine große Pfütze herzustellen und den Hund mit sanftem Nackengriff auf den schon versiegenden Quell hinzuweisen. Zwei Prosaautoren unterbrechen ihr Gespräch und den Weg nach oben, um den Hund von außen nass zu machen. Er dampft. Ein Herr im hellen Anzug dreht voller Erbarmen den Hahn auf und lässt das Wasser laufen, der Hund hat anderes zu tun. Endlich kommt eine Frau mit Kind, Rucksack und Sandalen und füllt nach kurzer Vorbereitung einen Plastikteller mit Wasser, aus dem der nasse Hund wie aus Höflichkeit ein paar Schlucke nimmt. Bald ist ein Teich angelegt, und es wird Zeit, in den Schatten hinabzusteigen und gute Vorsätze aufzugeben. Als wir am Abend auf dem Heimweg die Wasserstelle passieren, zeugt von dem Hund, der nicht mehr da ist, nur noch eine dunkle Stelle, die mal eine gut gemeinte Pfütze war. Kein Zweifel: Dichter haben den Hund in Wasser aufgelöst. MONIKA RINCK
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