: berliner szenen Freunde am Flipper
Handstand in Not
Eine Weile hatten wir unkonzentriert geflippert, jeder von uns war etwas fertig. O weh, waren wir wieder mies drauf! Ich sagte, Unglücklichsein sei vor allem die Folge mangelnder Selbstdisziplin und Aufmerksamkeit; die Ursache des Unglücklichseins – mangelhafte Konzentration – entspräche also ihrer Wirkung. Er fragte, woher das käme, ich sagte, das habe ich mir selber ausgedacht, und außerdem sei es für ein paar Tage vielleicht auch besser, gesünder zu leben.
So beschlossen wir einen Drogentausch. A. sollte das Trinken und ich das Rauchen lassen; er durfte während dieser Zeit rauchen, während mir das Trinken gestattet war. Das ging einfacher als erwartet, und ein paar Tage später waren wir schon wieder besserer Dinge. Nur leider war unser Flipper besetzt. Zwei Jungs standen da: Ein Männerpaar, vermutlich Ende dreißig und wohl ewig schon die besten Freunde. Wir stellten einander vor und flipperten zusammen. Sie schienen neu in unserer Kneipe zu sein. Vielleicht fühlten sie sich ein wenig unsicher und agierten deshalb so aufgedreht, weil sie auch ein bisschen beschwipst waren.
Beim Flippern jedenfalls stellte der eine sein linkes Bein weit zwischen die Beine des Flippers und der andere erzählte lachend, wie er damals im Winter nur eine lange Unterhose angehabt hatte, und dann gab es Sportunterricht, und das wäre ja nicht gegangen, mit seiner langen Unterhose …, also hätte er dann unter seiner kurzen Sporthose nichts angehabt, und beim Handstand sei alles dann ganz furchtbar peinlich gewesen. Wieder kam mir unsere Kneipe wie eine Jugendzentrumsfortsetzung vor. Aber das ist nicht ganz richtig, weil abwertend gedacht, also nur abwertungsautomatischer Unsinn wie so vieles. DETLEF KUHLBRODT