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berliner szene

Kalte Füße im Trend

Ich erwarte ja eigentlich nichts mehr von der Ausgehkultur. Finde es dann aber doch erstaunlich, wenn ich zu einer Teppich- und Lampenausstellung eingeladen werde, zu der ich, ganz wider mein normales Empfinden, hingehe und feststellen muss, dass dort a) nur weiße Getränke ausgeschenkt werden, man b) nur in Strümpfen gehen darf, und dass dort c) Rauchverbot herrscht. Weshalb man schlotternd draußen seinen Prosecco trinkt (warum gibt es dieses laue Getränk eigentlich immer noch?) und peu à peu begreift, dass diese Martyrien zwar alle den einen plausiblen Grund haben, die Ausstellungsteppiche zu schonen. Dass es aber in Wirklichkeit ein neuer Trend im öd gewordenen Ausgehleben ist, dem Publikum sein Amüsement möglichst schwer zu machen und ihm Steine in den Weg zu legen, wo es nur geht. Ich erfuhr, dass die Ausstellungseröffnung einen Tag früher gewesen war, „fünfhundert Leute waren da!“ Erst begriff ich nicht, warum er das so freudig sagen konnte, wo er sich doch bei mir am Telefon offensichtlich um einen Tag vertan hatte. Aber dann dämmerte mir, dass ich auch hierbei in völlig anachronistischen Denkstrukturen verhaftet bin und dass für Insider längst gilt, die Vernissage links liegen zu lassen und den Coolen Tag Zwei, an dem nämlich kein Scheiß Programm ist, zu nehmen. Später gingen wir noch in eine Bar. Da, wieder der Trend! Wenn man einmal eine Erkenntnis hat, wird sie gleich penetrant. Der Laden war gerammelt voll und in der Mitte war ein großer Boxring, leer. Als die ersten anfingen, totgetrampelt zu werden, wichen einige in den Ring aus und lieferten sich, wo sie schon mal drin waren, catchy Duelle. Wurde mir zugetragen. Ich stand an der Bar und habe nichts mitgekriegt.

ALMUT KLOTZ

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