antibiotika im tier: Gesetz ist gut, Kontrolle besser
Schlummernde Krankheiten und starke Chemie im Tier: Fleischessen ist eklig geworden, beim Mensch erwacht die Sehnsucht nach dem sauberen, gesunden Tier. Weg mit Antibiotika als Futterzusatzmittel, weg mit leistungssteigernden Mitteln, fordern Agrarministerin Renate Künast und Abgeordnete. Das ist zwar eine gute Idee, löst das Problem aber nicht. Weder das des missbehandelten Tieres noch das der für Menschen gefährlichen Antibiotikaresistenz.
Kommentarvon MAIKE RADEMAKER
Mit dem Verbot wird gefordert, was längst auf dem Weg ist: Als Mastförderer gibt es nur noch vier Antibiotika, eines davon steht schon auf der EU-Streichliste. Auch Hormone als Leistungssteigerer werden reduziert. Es dürfte kein Problem sein, diese letzten Cocktailzugaben zu verbieten. Schwieriger wird es bei den zahlreichen Mitteln, die legal zur Behandlung kranker Tiere eingesetzt werden. Diese zu verbieten, weil sie falsch angewendet werden, würde bedeuten: Nicht nur kranke Hoftiere, auch der röchelnde Schoßhund dürfen nur noch mit alten Methoden behandelt werden.
Tieren die Antibiotikabehandlung zu verweigern wäre Unsinn. Es geht vielmehr darum, den Missbrauch sinnvoller Arzneien als Massenprophylaxe durch scharfe Kontrollen einzuschränken. Also sicherzustellen, dass der Bauer nicht, nur weil ein Huhn hustet, alle behandelt. Weiter müsste der notwendige Einsatz dieser Arzneien bei kranken Tieren durch eine verbesserte Tierhaltung und Stallhygiene reduziert werden. Das bedeutet: Kontrollen verschärfen, Strafen für Missbrauch erhöhen, gute Tierhaltung belohnen.
Ein generelles Antibiotikaverbot ist auch deswegen nicht sinnvoll, weil die Mittel bei den Tieren zwar zu einem ernsten Problem der Resistenzentwicklung führen, gravierenderer aber nach Ansicht vieler Experten das ist, was in unseren Krankenhäusern läuft: Da wird auf jeden Schnupfen eine Chemobombe geworfen, viel zu oft dieselbe, so dass der Bakterienstamm auch wirklich resistent werden kann. In etlichen Ländern kann man Antibiotika praktisch mit den Brötchen einkaufen – und fast zum selben Preis. Bedarfsprüfung gibt es nur oberflächlich.
Kurz: Wer etwas gegen die Antibiotikaresistenz tun will, der darf nicht nur über Tiere und eklige Futterzusätze reden. Er müsste auch den Antibiotikamissbrauch bei der menschlichen Krankenpflege anprangern. Das ist Sache von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, nicht von Renate Künast.
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