piwik no script img

amnesty international: Gegen das „Verschwinden“

■ Giordano fordert mehr Zivilcourage

Köln (epd/taz) – amnesty international hat staatliche Morde und das „Verschwindenlassen“ von Menschen durch Polizei und bewaffnete Oppositionsgruppen als die „größte Bedrohung der Menschenrechte in den 90er Jahren“ angeprangert. Auf Kundgebungen in Köln, Berlin, Hamburg und München rief die Menschenrechtsorganisation gestern zu Zivilcourage, Einmischung und aktiver Solidarität mit Verfolgten und Flüchtlingen auf. „Der Rassismus zieht eine blutige Spur auch in unserer Gesellschaft“, sagte Volkmar Deile, Generalsekretär der deutschen amnesty-Sektion, auf der zentralen Kundgebung in Köln am Tag der Menschenrechte.

Der Schriftsteller Ralph Giordano rief zum Kampf gegen den „gewöhnlichen Nazismus“ in Deutschland auf. Den rechtsextremen Gewalttätern und ihren Hintermännern müsse bürgerliche Courage, eine „wachsame Humanität des Alltags“, entgegengestellt werden. Denn die traditionell deutsche „Massenfeigheit“ habe den Gewalttätern ihren Freiraum geschaffen.

Deile sagte, allein im vergangenen Jahr habe amnesty weltweit tausend Fälle von Verschwindenlassen dokumentiert. Die Vereinten Nationen hätten 1991 sogar 17.000 „verschwundene“ Menschen registriert. Noch viel höher sei die Zahl der politischen Morde durch Polizei, Militär, Todesschwadronen und bewaffnete Oppositionsgruppen. Die Verschwundenen und Ermordeten dürften nicht vergessen werden, die Täter dürften nicht straffrei bleiben.

Heftige Kritik übte der amnesty-Generalsekretär an deutschen Waffenexporten. „Wer anderen die Werkzeuge für staatliche Morde liefert, trägt eine Mitverantwortung für die Verbrechen“, sagte Deile. Mit deutschen Maschinenpistolen habe die brasilianische Militärpolizei 111 Gefangene bei einer Meuterei ermordet. Waffen und Militärgeräte aus der früheren DDR würden gegen Aufständische und Zivilisten im Südosten der Türkei eingesetzt. In Deutschland hergestellte Landminen töteten Menschen in vielen Teilen der Welt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen