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Archiv-Artikel

american pie Der nächste Pelé kommt aus den USA

Kleiner Junge mit großer Zukunft

Wer wird Fußballweltmeister 2006? Klarer Fall: die USA. Der Grund: Freddy Adu. Wenn das Turnier in Deutschland beginnt, wird der Stürmer gerade seinen 17. Geburtstag gefeiert haben, und schon jetzt ist abzusehen, dass er durchaus das Zeug hat, in die Fußstapfen eines Pelé, Maradona oder Ronaldo zu treten. Dabei darf man davon ausgehen, dass die USA kaum den Fehler begehen werden, Adu nicht in den WM-Kader zu berufen, wie es Trainer Menotti 1978 dem 17-jährigen Maradona antat, oder ihn die ganze Zeit auf der Bank schmoren zu lassen wie Coach Parreira 1994 den 17-jährigen Ronaldo. Geschadet hat es im Übrigen beiden Trainern nicht, sowohl Argentinien als auch Brasilien holten jeweils den Titel.

Freddy Adu jedoch könnte eher dem Beispiel Pelés folgen, der 1958 in Schweden mit der Wucht eines Naturereignisses die Fußballbühne betrat und Brasilien zum WM-Gewinn führte. Mit dem kleinen Unterschied allerdings, dass den jungen Burschen aus Santos damals kaum ein Mensch kannte, Adu aber schon heute, als 13-Jähriger, heftig von den größten und reichsten Fußballklubs der Welt sowie den bedeutendsten Sportartikelfirmen und Management-Agenturen umworben wird. Seine Mutter Emilia, die als Kassiererin in einem Baumarkt arbeitet, lehnte jedoch selbst sechsstellige Dollarbeträge, wie sie Inter Mailand bot, konsequent ab. „Er ist doch noch ein kleiner Junge“, meinte sie und schickte den begabten Sohn stattdessen nach Bradenton, Florida, ins Jugendfußballcamp des US-Verbandes.

Freddy Adu stammt aus Ghana und ist ein Neffe des langjährigen Bundesligaspielers Anthony Yeboah. 1997 gewann seine Familie bei einer Lotterie eine Green Card für die USA und wanderte mit dem Sprössling nach Potomac in Maryland aus. Im März erhielt Emilia, die ihre beiden Söhne inzwischen allein erzieht, die US-Staatsbürgerschaft, damit war auch Freddy spielberechtigt für die Auswahlteams der USA. Bei seinem offiziellen Debüt am letzten Wochenende beim Qualifikationsturnier für die U 17-WM war er im Kreis seiner wesentlich älteren Mitspieler sofort der beste Akteur. Beim 3:0 gegen Jamaika bereitete er zwei Tore vor und schoss das dritte, auch beim 3:0 gegen Guatemala traf er. Dazu gab es ein 0:0 gegen El Salvador und das US-Team fährt im August zur WM nach Finnland, wo sich nun wegen Adu noch mehr Beobachter einfinden werden als sonst.

Als Spielertyp ähnelt Freddy Adu am ehesten Diego Maradona, da er zwar extrem torgefährlich ist, aber auch ein kreativer Passgeber, trickreicher Dribbler und raffinierter Freistoßschütze. Bei Testspielen ließ er gestandene Abwehrrecken der Major League Soccer (MLS) staunend zurück, manchmal wussten sie gar nicht, wie der für sein Alter sehr athletische Bursche an ihnen vorbeigekommen war. Schon jetzt könnte er ohne weiteres in der MLS spielen, glaubt US-Jugendtrainer John Ellinger, bei einem 2:1-Sieg der U 17 gegen Chicago Fire erzielte Adu beide Tore.

Wohl bewusst ist man sich in den USA der warnenden Beispiele. „Eine Menge Leute sind schon zu künftigen Superstars gehypt worden und dann verschwunden“, sagt Freddy Adu selbst, „ich habe mir geschworen, keiner von ihnen zu werden.“ MATTI LIESKE