american pie : Zukunftsträchtiger Draft der Basketball-Liga NBA
Wo der Schuh drückt
Endlich: Kobe Bryant hat neue Schuhe. Ein Jahr, nachdem sich der elegante Basketball-Star von den Los Angeles Lakers mit acht Millionen Dollar von adidas freikaufte, einigte er sich auf einen Vertrag mit Nike. Die letzte Saison trug Bryant verschiedene Schuhmarken, während er außer mit seinem neuen Sponsor auch rege Verhandlungen mit Reebok führte. Der Vertrag mit einem der spektakulärsten Spieler der NBA, über dessen Höhe Nike noch nichts verraten wollte, stellt die Dominanz des Sportartikelherstellers auf dem Basketballmarkt wieder her, die mit dem Rückzug des alten Zugpferdes Michael Jordan in Gefahr schien. Vor dem Kobe-Coup hatte Nike nämlich gegen die Konkurrenten auch schon das Rennen um LeBron James, den designierten Superstar, gewonnen und mit Carmelo Anthony einen weiteren Top-Pick des morgigen, außergewöhnlich stark besetzten Drafts in New York unter Vertrag genommen. James erhält 90 Millionen Dollar für sieben Jahre, Anthony muss sich mit 21 Millionen bescheiden.
Wenn morgen die NBA-Rechte an den College-Größen, Highschool-Überfliegern und internationalen Youngsters vergeben werden, die wie der Pole Simon Szewczyk von TXU Braunschweig den Sprung wagen, stehen die ersten drei Picks fest. Zumindest seit der sibirische Center Pawel Podkoltsin (18) seine Bewerbung überraschend zurückzog – ebenso im Übrigen wie der deutsche Nationalspieler Misan Nikagbatse, der wegen einer Verletzung nicht zu den Pre-Draft-Camps reisen konnte und lieber noch wartet. Wer einmal durchfällt, darf nämlich nicht mehr wiederkommen, und die Chancen auf eine NBA-Karriere sinken. Das musste zum Beispiel Ademola Okulaja erfahren, der seit seiner Draft-Pleite vor vier Jahren vergeblich hofft.
Als Nummer eins werden die Cleveland Cavaliers den von einem ungeheuren Hype umflorten LeBron James erwählen – schon allein, weil man sie sonst mit Schimpf und Schande aus der Stadt jagen würde, nachdem die Aussicht auf den 18-jährigen Wunderknaben die Saisonkartenverkäufe bereits mächtig in die Höhe schnellen ließ. Als Nummer zwei haben die Detroit Pistons fest den Serben Darko Milicic, letzte Woche ebenfalls 18 geworden, eingeplant, auch wenn dessen Klub Hemofarm Vrsac mit Klage droht, weil der 2,17 m große Power Forward einen Vertrag bis 2009 habe.
Die Nummer drei, Carmelo Anthony, ist schon 19, ein guter Freund von LeBron James, hält sich aber für besser. Auf jeden Fall dürfte er der reifere Spieler sein, schließlich spielte er ein Jahr auf dem College, erzielte für Syracuse 22,2 Punkte im Schnitt und führte das Team zur nationalen Meisterschaft. Anthony soll für die in den letzten Jahren jämmerlichen Denver Nuggets die Basis einer besseren Zukunft werden, nachdem sich der kurze Flirt mit Podkoltsin erledigt hat. In Colorado hofft man, dass sich nächste Saison auch der Trade auszahlt, der im letzten Jahr aus New York Marcus Camby, Nene Hilario und Mark Jackson für Anthony McDyess nach Denver brachte. Außerdem können die Nuggets sich auf dem Free-Agent-Markt bedienen, weil endlich der Monstervertrag von Juwan Howard ausgelaufen ist, der diverse Teams belastete, seit Washington dem Spieler vor sieben Jahren einen wahnwitzigen 100-Millionen-Dollar-Kontrakt verehrte.
Nach Pick Nummer drei wird es trickreich, denn dann sind die Toronto Raptors dran, die ein enttäuschendes Jahr hinter sich haben. Sie könnten begehrte Spieler wie den Forward Chris Bosh, den Point Guard T.J. Ford, der Texas Tech in die Final Four führte, oder den polnischen Forward Maciej Lampe von Real Madrid erwählen.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie den verlockenden Pick als Köder einsetzen, um einen fertigen Star zu holen. Latrell Sprewell etwa, der zusammen mit Vince Carter in Toronto Erinnerungen an alte Zeiten aufleben lassen könnte, als Carter mit Tracy McGrady eine beeindruckende Offensivmacht bildete. Die New York Knicks wollen Sprewell schon lange loswerden und haben bisher nur Pick Nummer neun.
Dennoch schwant den Basketball-Fans im Big Apple nichts Gutes. Eigentlich brauchen die Knicks dringend große Spieler, doch Manager Scott Layden, dessen Deals dem Team schon manchen Schlamassel einbrockten, scheint ausgerechnet mit T.J. Ford zu liebäugeln – ein Point Guard, von denen die Knicks schon stolze vier haben. MATTI LIESKE