american pie: Sportlicher Kuhhandel
Dennis Schröder war zu gut für die Nets und muss nun zeigen, ob er für die Warriors gut genug ist
Dennis Schröder wechselt also von den Brooklyn Nets zu den Golden State Warriors nach San Francisco. Deutschlands bester Aufbauspieler ist Teil eines Trades zwischen den beiden Basketball-Franchises in der NBA. Die Kuhhandelei zwischen den Teams, bei denen die Spieler selbst keine Mitspracherecht haben, gehört zu den Eigenheiten des US-Sports, die ihn im alten Europa doch recht eigenwillig erscheinen lassen.
Hieß es nicht, Dennis Schröder habe bis jetzt ganz gut aufgespielt? Hat er wirklich. Die 18,8 Punkte und 6,6 Assists für ein Team, das alles andere als überragend besetzt ist, können sich sehen lassen. Warum also wollte Brooklyn den Spieler, der das Team in die Nähe der Play-off-Plätze geführt hat, unbedingt loswerden? Ganz einfach: Genau weil er so gut war, wurde er weggetauscht.
Im Gegenzug bekommen die Nets von den Warriors mit De’Anthony Melton und Reece Beekman zwei Aufbauspieler. Während Melton bis zum Saisonende wegen eines Kreuzbandrisses gar nicht spielen kann, hat NBA-Neuling Beekman seine Liga-Tauglichkeit bislang noch gar nicht unter Beweis stellen können. Ein vermeintlich schlechter Deal für die Nets. Aber genau einen solchen wollten sie. Sie spielen ja, um nicht zu gewinnen.
Um das Recht zu erhalten, beim nächsten Draft, der Zeremonie, bei der die besten Nachwuchsspieler an die Klubs verteilt werden, möglichst früh zugreifen zu können, braucht es eine miese Platzierung. So soll den schlechteren Teams die Möglichkeit gegeben werden, mit den besten Nachwuchskräften der Saison ein schlagkräftiges Team aufzubauen. Und so ist das Recht, in der zweiten Runde des nächsten Drafts, zwei Spieler anheuern zu dürfen, ebenfalls Teil des Deals um Dennis Schröder mit den Golden State Warriors.
Das Team um Superstar Stephen Curry möchte anders als die Nets so viele Spiele wie möglich gewinnen. Man verspricht sich also durchaus etwas von der Verpflichtung Schröders. Dass sie neben dem Scharfschützen Curry noch eine weiteren Guard brauchen, hat die Niederlagenserie gezeigt, mit der das Team es zu tun bekam, seit De’Anthony Melton sich verletzt hat. Warriors-Trainer Steve Kerr weiß ja, wer da nun an die Bay kommt. Er war Trainer der US-Auswahl, die bei der WM 2023 gegen den späteren Turniersieger Deutschland um Schröder ausgeschieden ist. Dass es dennoch nicht ganz so einfach wird, diesen zu integrieren, das haben die Taktik-Analysten der NBA schnell herausgearbeitet.
Bei den Nets war das Spiel auf Schröder ausgerichtet. Seine Mitspieler haben ihre Verteidiger nach außen gezogen, damit Schröder im Eins-gegen-eins zum Korb ziehen konnte. Solche sogenannten Isolation-Spielzüge haben die Warriors nicht im Programm. Aber vielleicht brauchen sie Schröder ja auch gar nicht fürs Punkten. Kerr hat schon angedeutet, dass der nun 31-Jährige gemeinsam mit Curry auf dem Parkett stehen könnte. Er würde dann den Ball für den Shooter nach vorne tragen. Mit einer derartigen Helferrolle ist Schröder in seiner Zeit bei den Lakers an der Seite von LeBron James nicht zurechtgekommen. Erste Indizien, wie es diesmal wird, gibt es schon am Donnerstag. Da wird Schröder gegen Memphis zum ersten Mal für Golden State spielen. Andreas Rüttenauer
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