american pie: Arschloch gibt Vorlagen
BASKETBALLRajon Rondo brilliert bei den Sacramento Kings wie in alten Zeiten. Der Aufbauspieler meldet sich nach einem verkorksten Jahr zurück in der Elite der NBA-Spielmacher, aber auch mit einer Negativschlagzeile
Ich war frustriert und emotional“, twitterte Rajon Rondo am Montagabend. „Meine Äußerungen spiegeln in keiner Weise meine Haltung zur LGBT-Community wider. Ich wollte niemanden beleidigen oder verletzen.“ Trotzdem war es zu spät für den Aufbauspieler der Sacramento Kings: Die NBA hat Rondo für eine Partie gesperrt, nachdem Schiedsrichter Bill Kennedy von einer „schwulenfeindlichen Bemerkung“ Rondos im Spiel gegen die Minnesota Timberwolves berichtete – Kennedy selbst ist schwul.
Auch wenn Wortwechsel auf NBA-Courts oft nichts für Zartbesaitete sind, so ist der Vorfall vor allem ein Dämpfer im Comeback des Rajon Pierre Rondo. Das Label „begnadeter Spielmacher“ haftet Rondo im Positiven ebenso an wie „untrainierbare Diva“ im Negativen. Bei den Kaliforniern, die ihn erst im Sommer verpflichtet haben, zaubert der 29-Jährige wie in besten Zeiten und macht die verkorkste letzte Saison vergessen. Die war ein Fiasko. Ein Tauschgeschäft der Boston Celtics mit den Dallas Mavericks brachte Rondo zur Mannschaft von Dirk Nowitzki. Was das fehlende Puzzleteil in den ganz großen Erfolgsplänen der Texaner sein sollte, erwies sich schnell als Fehleinkauf: Rondo wurde nie heimisch bei den Mavs und lag ständig im Clinch mit Trainer Rick Carlisle. Spätestens als die beiden während einer Partie dermaßen aneinandergerieten, dass Rondo nicht nur den Rest des Abends auf der Ersatzbank verbringen musste, sondern auch für das nächste Spiel suspendiert wurde, war das ehrgeizige Projekt gescheitert. In den Playoffs fiel er mit einer nicht genauer definierten „Rückenverletzung“ aus. Carlisle schloss eine Zukunft für Rondo in Dallas klar aus: „Das kann ich mir nicht vorstellen.“
Zuvor brillierte der stille 1,85-Meter-Mann aus Kentucky über Jahre bei den Celtics. 2008 war er eher Ergänzung denn Vorspieler beim letzten Titelgewinn der Neuengländer, erst danach kam der echte Durchbruch. 2012 und 2013 war Rondo bester Passgeber der Liga, mit Fabelwerten von fast zwölf Vorlagen pro Spiel. Auch bei den so seltenen Triple Doubles – zweistellige Werte in drei Kategorien – lag Rondo regelmäßig an der Spitze. Der langjährige Bostoner Head Coach Doc Rivers adelte Rondo für seine Vielseitigkeit einst als „Trainer-Porno“. Aber auch Rivers musste sich erst arrangieren mit ihm. „Rajon ist nicht einfach“, analysierte ESPN-Experte Skip Bayless einmal, „sind er und der Coach aber auf einer Linie, ist es ein Traum.“
Eine humorige Fügung des Schicksals, dass sich nach dem Dallas-Debakel ausgerechnet die Kings für eine Verpflichtung des Gebrandmarkten entschieden, spielt in Sacramento doch schon der schwierige Center DeMarcus Cousins, trainiert vom genauso eigenwilligen alten Trainerfuchs George Karl. „Es läuft nicht wirklich gut“, gab Rondo nach ersten Trainingseinheiten in der Saisonvorbereitung zu Protokoll, gefragt nach dem Verhältnis zu Karl, um darauf alles als „Scherz“ abzutun. „Ich habe dem Trainer gesagt: Ich tue alles für das Team. Selbst wenn er mich vor der Mannschaft runterputzen muss oder kritisiert, ich akzeptiere das“, schlug der Problemfall vor.
Spielerisch läuft es wieder: Mit elf Assists pro Partie ist Rondo aktuell wieder mit Abstand bester Vorlagengeber der Liga, erzielte bereits drei Triple Doubles, scheint zudem fit, nachdem die letzten Jahre auch von Verletzungsproblemen geprägt waren. Zwar sind die Kings aktuell das drittschlechteste Team des stark besetzten Westens der Liga, doch das Duo Rondo-Cousins und der talentierte, junge Kader machen Hoffnung.
Rondo selbst hat eine ganz eigene Erklärung für das so gut funktionierende Zusammenspiel: „Ich glaube, wir harmonieren so gut, weil wir beide richtige Arschlöcher sind.“ Schiedsrichter Bill Kennedy mag da zustimmen. David Digili
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